Köln, 9.12.2000, Demonstration 'Köln stellt sich quer' gegen den Neonazi-AufmarschBilder

Naziaufmarsch verhindern - Rassismus bekämpfen!

Aufruf des Bündnisses 'Köln stellt sich quer'

Für den 9.12.00 haben Neonazis zu einer Demonstration in Köln aufgerufen. Mit dem Motto ihrer Demonstration 'Stoppt die antideutsche Propaganda - Meinungsfreiheit auch für sogenannte Neonazis' wollen sich die Täter als Opfer von Presse und Fernsehen präsentieren. Seit dem Anschlag von Düsseldorf gibt es eine öffentliche Debatte über den eskalierenden Naziterror gegen MigrantInnen, Jüdinnen und Juden bzw. ihre Einrichtungen, Obdachlose, Linke und Andersdenkende. Zeitungen berichten täglich, kein Politiker, der sich nicht wortreich zum 'Kampf gegen rechts' bekennt.

Trotzdem finden weiter fast wöchentlich rechte Aufmärsche statt. Menschen, die sich diesen Aufmärschen entgegenstellen, wurden und werden verhaftet und kriminalisiert. Gerichte genehmigen die Aufmärsche, die Polizei schützt sie. Wäre das nicht so, hätten sie weder letztes Jahr in Köln noch diesen Herbst in Dortmund und Düsseldorf marschieren können. Sie wären von Tausenden entschlossenen GegendemonstrantInnen aus der Stadt gejagt worden.

Staatlicher Rassismus
Während auf der einen Seite "Zivilcourage" gegen Rechts gefordert wird, wird gleichzeitig von den etablierten Parteien Rassismus geschürt. Die CDU erhebt die 'deutsche' Kultur zur 'Leitkultur'. Innenminister Schily erklärt "Die Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung sind überschritten." Die Abschiebung von Flüchtlingen in Tod und Folter findet auch unter Rot-Grün weiter statt. Selbst Kirchenasyl bietet keinen Schutz.

Wir lehnen es ab, Zuwanderer nach ihrem wirtschaftlichen Nutzen zu betrachten. Alle Menschen müssen die gleichen Rechte haben. Sie gehören weder in einen Abschiebeknast noch in eine menschenunwürdige Unterkunft.

Mit einem Verbot des Naziaufmarsches ist nicht zu rechnen
Am 2.10.99 riegelte die Polizei das Kunibertsviertel in Köln hermetisch ab, um den Aufmarsch der Neonazis zu ermöglichen. Auch dieses Mal können wir uns nicht darauf verlassen, dass die Demonstration verboten wird. Wir werden den braunen Terror nicht tatenlos hinnehmen, sondern uns überall dort zur Wehr setzen , wo Nazis ihre Propaganda verbreiten wollen. Faschismus richtet sich gegen alle, die nicht in sein menschenverachtendes Weltbild passen. Faschismus richtet sich gegen alle demokratischen Kräfte, gegen Gewerkschaften und alle Andersdenkenden und Andersaussehenden.

Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!
Wir fordern alle Kölnerinnen und Kölner auf:
Kommen Sie zur Demonstration! Stellen Sie sich quer!
Je mehr wir sind, desto größer ist die Chance die Rechten daran zu hindern, ihre rassistische Hetze in Köln zu verbreiten.
Verhindern wir den Naziaufmarsch! Gegen Naziterror und staatlichen Rassismus!


Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Erklärung von NS-Widerstandskämpferinnen und -kämpfern zum NPD-Aufmarsch am 9.12.00 in Köln

Am 9.12.00 hat die NPD zu einer Demonstration in Köln aufgerufen. Dies ist der dritte Neonazi-Aufmarsch in Köln innerhalb der letzten zwei Jahre.

Dass die NPD und ähnliche neofaschistische Organisationen in Köln unerwünscht sind, haben die Bevölkerung und der überwiegende Teil der politischen Institutionen immer wieder zum Ausdruck gebracht.

Wir als ehemalige NS-Verfolgte und damals wie heute - solange es unsere Gesundheit noch zulässt - aktive Antifaschist/innen aus Köln und Umgebung, die teilweise wegen Widerstandes gegen das NS-Regime in Gefängnissen und Konzentrationslagern sitzen mussten, halten grundsätzlich das öffentliche Auftreten von Neonazigruppen für untragbar.

Als Erfahrung aus der Zeit des Nationalsozialismus wurde im Artikel 139 des Grundgesetzes formuliert, dass u.a. die alliierten Kontrollratsgesetze nach wie vor gültig sind. Entsprechend diesen Gesetzen sind Nazi-Organisationen und deren Propaganda - unter welchem Namen auch immer - zu verbieten. Dass z.B. die NPD dennoch als Partei zugelassen wurde und bis heute legal arbeiten kann, zeigt unserer Meinung nach nur, wie weit sich die Rechtsprechung in diesem Fall von den historischen Erfahrungen und formulierten Verfassungsgrundsätzen der unmittelbaren Nachkriegszeit entfernt hat.

Angesichts des bedrohlichen Ausmaßes rechtsextremistischer Aktivitäten halten wir es für notwendig, immer wieder auf diese historischen Erfahrungen hinzuweisen und damit deutlich zu machen, dass Nazi-Ideologie eben nicht Teil des Meinungspluralismus einer Demokratie sein darf.

Ein Zeichen für diese Auffassung wäre es, grundsätzlich Neonazi-Gruppen keine Veranstaltungen zu genehmigen.

Auch wenn Gerichte dies anschließend verwerfen - wobei es in jüngster Zeit auch ermutigende gegenteilige Gerichtsentscheidungen gibt -, so würde damit doch nach außen signalisiert, dass in Köln Neonazis das Recht auf öffentliche Propaganda abgesprochen wird. Ein Verbot des NPD-Aufmarsches am 9.12. durch die zuständigen Stellen wäre ein Signal im oben skizzierten Sinne und damit eine zusätzliche wirksame Unterstützung des von politischer Seite eingeforderten Engagements der Bürgerinnen und Bürger.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Emmy Frödrich, (VVN/BdA), 96 Jahre; Ralph Giordano, Schriftsteller; Grete Humbach, Gestapoaußenlager Brauweiler, Zuchthaus Siegburg, (VVN/BdA), 95 Jahre; Jean Jülich, Edelweißpirat, ab Oktober 1944 Gestapoaußenlager Brauweiler, Zuchthaus Siegburg, Strafanstalt Rockenbach, 71 Jahre; Regina Matuszak, 6 Jahre KZ, (VVN/BdA), 75 Jahre; David Matuszak, 4 Jahre Britische Armee Afrika, (VVN/BdA), 83 Jahre; Jakob Riemenschnitter, Edelweißpirat, (VVN/BdA), 74 Jahre; Fritz Theilen, ab September 1944 Lager Ellern und Dachau, Edelweißpirat (VVN/BdA), 73 Jahre


Jan Henkel

(kein mensch ist illegal)

Auszüge aus der im Rahmen der Kundgebung am 9.12.00 gehaltenen Rede


Wir demonstrieren heute gegen die Provokation einer Handvoll Neonazis. Wir demonstrieren gegen ihre unerträgliche Anmaßung, Menschen zu jagen, zu demütigen, zu ermorden, und uns das als Meinungsfreiheit zu verkaufen.

Wehret den Anfängen! Aber wo fangen Unmenschlichkeit und Rassismus an? Ich möchte an zwei konkreten Beispielen dieser Frage nachgehen. Als Initiative 'kein mensch ist illegal' unterstützen wir die Flüchtlinge des Wanderkirchenasyls.

Hüseyin Calhan und Mehmet Kilic sind kurdische Flüchtlinge aus der Türkei. Beide wurden dort verfolgt, verhaftet und gefoltert. Beide haben in Deutschland Asyl beantragt. Beiden ist es verweigert worden. Beide sind schließlich in Deutschland zu sogenannten 'Illegalen' geworden, die sich verstecken mussten, damit sie nicht in die Türkei abgeschoben werden. Beide haben sich am Wanderkirchenasyl beteiligt und damit gegen die Abschiebepolitik hierzulande gekämpft. ... Anfang Oktober wird Mehmet Kilic verhaftet und nach 17 Tagen Haft nach Istanbul abgeschoben. Nach Verlassen des Flughafens wird er von Zivilpolizisten verhaftet, die ihn eine Woche lang verhören und schlagen.

Mehmet Kilic wurde nicht von Skinheads auf einer deutschen Straße zusammengeschlagen sondern von türkischen Zivilpolizisten. Aber die dafür mit Verantwortlichen sind unter uns. ... Tausend Menschen sitzen in Deutschland in Abschiebehaft - oft monatelang. Sie haben sich keines Verbrechens schuldig gemacht, sondern lediglich eines Vergehens namens 'illegaler Aufenthalt'.

Wir demonstrieren heute gegen die Provokation einer Handvoll Neonazis. Aber sie stehen nicht vor der Machtergreifung! Die Macht wird heute von einer rot-grünen Bundesregierung ausgeübt. Mit vielen ihrer Mitglieder haben wir vor acht Jahren gegen die Abschaffung des Asylrechts demonstriert. Nachdem diese Regierung zwei Jahre an der Macht ist, hat sie nicht einmal die schlimmsten Auswüchse dieser Asylpolitik korrigiert.

Wehret den Anfängen! Was bedeutet das, wenn heute jährlich Tausende von Menschen aus Deutschland in Folterstaaten abgeschoben werden? Was bedeutet das, wenn immer wieder Opfer dieser Politik in ihren Heimatländern ermordet werden? Oder sich aus Verzweiflung selber umbringen? Wenn sie bei Abschiebeflügen erstickt werden? Ganz zu schweigen von den tausenden von Toten an den Grenzen der EU, an der Oder und der Straße von Gibraltar.

... Wer Menschlichkeit und Toleranz einfordert, muss diese Werte zu allererst in der Flüchtlingspolitik umsetzen. Wer an die Öffentlichkeit appelliert, sich gegen rechte Gewalt gegen Ausländer zu engagieren, darf dieser nicht anderswo Vorschub leisten, Wenn man sieht, wie die herrschende Politik Menschen nach Nützlichkeitskriterien aussortiert, kann es kaum wundern, dass Nazis noch eins drauf setzen und versuchen, Deutschland auf ihre Weise zur 'national befreiten Zone' zu machen.

Zivilcourage gegen rechte Gewalttäter, gegen erklärte Rassisten und Ausländerfeinde, ist dringend notwendig. Zivilcourage ist aber auch gegen eine Regierungspolitik notwendig, die nicht weniger Menschenleben kostet.

Mischen Sie sich ein, wenn Sie an Autobahnraststätten oder auf Bahnhöfen erleben, dass Menschen wegen ihres Aussehens Passkontrollen unterzogen werden! Protestieren Sie, wenn im gleichen Flugzeug wie Sie Menschen gegen ihren Willen mitfliegen! Sie können damit konkret helfen und vielleicht einen Menschen vor Folter und Verfolgung bewahren!


Dr. Jürgen Wilhelm

(Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit)

Auszüge aus der im Rahmen der Kundgebung am 9.12.00 gehaltenen Rede


Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.

Dieser Satz, meine Damen und Herren, ist über 150 Jahre alt, und er wurde von einem Rheinländer geschrieben: Dem - leider - in Düsseldorf geborenen Heinrich Heine. Dieser geniale Dichter ist mit vielen seiner Aussagen wieder einmal hoch aktuell. Denn wie sieht es in dieser christlichen vorweihnachtlichen Zeit in Deutschland aus?

Anschläge auf Fremde, auf Mitbürger jüdischer Religion, auf Gedenkstätten und Mahnmale, eine nicht endende Kette brutaler Verbrechen, ja sogar Morde in Ost- und Westdeutschland, Verbrechen und Vergehen - und leider finden sie auch im Rheinland statt. Der rechtsextreme Mob schreckt vor nichts mehr zurück.

Und deshalb ist es gut, dass sich heute so viele Menschen in Köln eingefunden haben, um ihre persönliche Solidarität zu bekunden. Ich danke Ihnen allen sehr herzlich dafür.

Es ist aber auch dringend an der Zeit, dies zu tun und immer wieder öffentlich zu sagen, zu zeigen und durch persönliches Engagement, durch Zivilcourage deutlich zu machen, dass wir zusammenstehen gegen das Wegschauen und die Gleichgültigkeit. Dass wir in Köln und anderswo keine Gewalt dulden, keine Schändungen und keine feigen Übergriffe auf Menschen,

Wir wollen heute ein Zeichen setzen: Deutlich und unübersehbar und unüberhörbar.

Ein Zeichen für uns selbst, ein Zeichen aber auch für Köln und das Rheinland.

Fast 100 Tote sind seit 1990 Opfer rechtsextremer Täter geworden. Wir trauern mit ihren Angehörigen, die fassungslos sind. Fast 100 Tote. Sie wurden umgebracht, weil sie anders waren: Weil sie als Ausländer oder als Obdachlose als Freiwild angesehen wurden. Manche starben als zufällige Opfer hemmungsloser Lust am Quälen. Asylbewerberheime brennen, Wohnungen werden verwüstet, in öffentlichen Räumen sorgen Stiefel und Baseballschläger, Nazisymbole und NPD-Aufmärsche für Angst. Deutsche haben Ausländer, Behinderte, Obdachlose durch die Straßen gejagt, verletzt und zu Tode geprügelt.

Es gibt Taten, die können nicht entschuldigt, es gibt Entwicklungen, die können nicht mehr rückgängig gemacht werden, und es gibt Worte - vor allem auch politische Worte -, die zu bestimmten Zeiten gesprochen wie geistige Brandstiftung wirken.

Das Grundgesetz verbietet nicht nur Diskriminierung, es gebietet Toleranz gegenüber jedermann.

Wenigstens hierüber sollte politische Einigkeit herrschen. Der Historikerstreit, Martin Walser, Kinder statt Inder, die sogenannte Leitkultur, all dies sind für sich gesehen in einer Demokratie zulässige Überlegungen. Ihre konkreten politischen Folgen sind allerdings absehbar und häufig genug auch beabsichtigt. Denn es gibt kein Wort ohne Sprecher, und es gibt keine Tat ohne Täter.

Bei allen Unterschieden zwischen uns hier auf dieser Kundgebung, bei allen politischen Differenzen auch zwischen denen, die diese Veranstaltung organisiert haben:

Wir demonstrieren für eine Stadt Köln, in der wir alle zusammen mit Freude, gleichberechtigt, frei aber auch sicher und tolerant leben wollen. Wir demonstrieren für eine Stadt Köln, in der wir ohne Angst verschieden sein können. Wir demonstrieren für eine Stadt Köln, in der niemand Angst haben muss, ganz gleich, wie er aussieht, ganz gleich, wo er herkommt, ganz gleich, was er glaubt, ganz gleich, wie stark oder wie schwach er ist.

Wir sind dankbar, dass wir bunt und nicht nur weiß sind. Wir sind stolz auf unsere ausländischen Freunde. Sie bereichern diese Stadt nicht nur, nein, sie sind ein gewachsener und lebendiger Teil des Rheinlands: In Köln schon seit 2000 Jahren.

Ich rufe allen zu: Wir stehen solidarisch an der Seite aller unserer Freunde und Nachbarn in Köln und anderswo. Es ist gut für Köln, dass sie da sind.


Monika Langen

(Antifa K)

Auszüge aus der im Rahmen der Kundgebung am 9.12.00 gehaltenen Rede


Wir stehen heute hier, weil bereits zum dritten Mal innerhalb von 2 Jahren Nazis durch Köln marschieren wollen. Zum dritten mal wollen sie fahnenschwenkend und parolengrölend die Straße für sich vereinnahmen.

Anmelder all dieser Aufmärsche ist der Kölner Neonazi Paul Breuer. Zwar ist er auch Mitglied in der NPD, seine eigentliche politische Heimat aber ist der Kampfbund Deutscher Sozialisten, eine offen nationalsozialistisch auftretende Gruppe aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften. Vor laufenden Fernsehkameras riefen Angehörige dieses Kampfbundes im STASS, einer Kneipe auf der Aachener Straße zum Mord an Demokraten auf.

Mitanmelder des heutigen Nazi-Aufmarsches ist der Hamburger Neonazi Christian Worch. Worch ist die zur Zeit wichtigste Führungsfigur der militanten Naziszene in Deutschland.

Nazis in Köln? Viele von Euch werden sich sicher fragen: Gibt es die hier überhaupt? Zwar sieht man sie im Vergleich zu anderen Städten und Regionen nur selten auf der Straße, dennoch sind sie auch hier in Köln gut organisiert und stellen mit dem heutigen Aufmarsch ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis.

Werfen wir einen Blick auf die Übergriffe von Nazis in den letzten Monaten, so wird klar, dass sie in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Köln und Umgebung auf dem Vormarsch sind: Da wird eine Veranstaltung ehemaliger Widerstandskämpfer an der KZ-Gedenkstätte in Wuppertal-Kemna überfallen. Ein türkisches Ehepaar wird in Niederkassel von Nazis überfallen und schwer verletzt. In Troisdorf wird eine türkische Frau krankenhausreif geschlagen, in Siegburg ein jüdischer Friedhof geschändet und all das innerhalb weniger Wochen! Von Köln aus werden diese rechten Schläger mit der passenden rassistischen Hetz-Musik versorgt, denn hier in Köln-Braunsfeld sitzt Europas größter Nazismusikversand RockO-Rama.

... Ist es ein Zufall, dass wir fast 10 Jahre nach Rostock vor einer erneuten Eskalation von Naziübergriffen stehen? Wir glauben, dass dies kein Zufall ist, denn diesen Übergriffen gingen Kam-pagnen von Parteien und Politikern voraus, bei denen das Tauziehen um Wählerstimmen auf dem Rücken von Migranten und Flüchtlingen ausgetragen wurde. So startete die CDU vergangenes Jahr die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und in diesem Sommer setzte sich Jürgen Rüttgers mit seiner "Kinder statt Inder-Kampagne" medienwirksam in Szene.

Lieber Herr Schramma, wir erinnern uns noch genau wie ihre Parteigenossen in der Kölner Fußgängerzone Unterschriften gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sammelten. Wir erinnern uns, wie ihre Kollegen erfreut Unterschriften von Rassisten entgegennahmen, die fragten: Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben?

Wir fragen uns, ist das deutsche Leitkultur, wenn Nazis durch solche Kampagnen ermutigt werden ihren Terror auf der Straße auszuüben?

Doch nicht nur die CDU, sondern auch die rot-grüne Regierung tut ihr übriges, um das Klima weiter anzuheizen, auch sie diffamiert Flüchtlinge als Sozialschmarotzer, Wirtschaftsflüchtlinge und Kriminelle, pfercht sie in Sammelunterkünften zusammen, sperrt sie in Abschiebeknäste ein und schiebt sie in Staaten ab, in denen ihnen Folter, Haft oder Hunger drohen.

... In den letzten Monaten wird endlich die seit langem notwendige Debatte über den dramatisch zunehmenden Rechtsradikalismus und Rassismus in Deutschland geführt Warum erst jetzt? Warum wurde all die Jahre ein faschistischer Hintergrund von Anschlägen geleugnet und auf das Werk verwirrter Einzeltäter geschoben? Wer glaubt, in den Lippenbekenntnissen gegen Nazis humanitäres Mitgefühl zu entdecken, der irrt! Vor allem die Angst Deutschland könne im Ausland einen Imageverlust erleiden, lässt Rassismus plötzlich zum Thema werden. Welcher ausländische Unternehmer pumpt auch nur einen Pfennig in ein Land, in dem er Angst haben muss, nachts auf die Straße zu gehen? Das Schlimme an der rechten Gewalt ist für viele Politiker anscheinend nicht das Schicksal der Opfer, ihnen geht es einzig und allein um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland!

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter ... heute sind wir Tausende von Menschen,. Wenn sich heute, gleich nach dem Ende dieser Kundgebung möglichst viele Menschen auf den Weg zum Ebertplatz machen - dann wird es uns gemeinsam gelingen, den Naziaufmarsch zu verhindern! Zeigen wir den Nazis, was wir von ihnen halten. Versuchen wir, diesen Aufmarsch zu stoppen. Faschismus ist keine Meinung. Faschismus ist ein Verbrechen!


Anständiger Aufstand
gegen Rechts

Artikel aus 'Kölner Lokalberichte' von Jörg Detjen

25 000 Menschen beteiligten sich an der großen Bündnisdemonstration gegen den Nazi-Aufmarsch am 9. Dezember. Anders als in Düsseldorf und Dortmund waren die Veranstalter 'Köln stellt sich quer' und viele andere Initiativen und Gruppen in einem gemeinsamen Bündnis. In Köln wurde von den Basisinitiativen, - von unten - mobilisiert und deshalb auch keine staatstragenden Politiker eingeladen. Es sprachen Vertreterinnen und Vertreter von Initiativen. Die Beteiligung der AG Arsch huh hat das Bündnis dann noch erweitert und durch die Express-Kampagne wurde die Demonstration und Kundgebung ein örtliches Ereignis, auf das man in den nächsten Jahren noch positiv zurückblicken wird. Die Veranstaltung war ein 'Anständiger Aufstand gegen Rechts'.

Die Zurücknahme der Verbotsverfügung durch das Kölner Verwaltungsgericht war dagegen ein Urteil von "unanständigen" Richtern. Mit ihrem Urteil haben sie provoziert und den Nazis wieder eine Bühne geschaffen. In der Öffentlichkeit spielte dies kaum eine Rolle. Vom OVG Münster hätte man eine solches Urteil erwartet, aber nicht vom Kölner Verwaltungsgericht. Andere Stimmen, wie z.B. Hermann Rheindorf, von der AG Arsch huh meinen, es habe an der Kölner Polizei gelegen, ihre Verbotsverfügung habe auf zu schwachen Beinen gestanden. Die Demonstration und die Veranstaltung auf dem Hohenzollernring waren eine gelungene Aktion. Darin sind sich alle Veranstaltungsgruppen einig. Ratsmitglied Karl-Heinz Pütz lobte auf der abschließenden Pressekonferenz die gute und disziplinierte Zusammenarbeit.

Auf den Seiten 4 und 5 dokumentieren wir Auszüge aus den Reden. Leider liegt uns der Text des Kabarettisten Wilfried Schmickler nicht vor. Seine Kritik am staatlichen Rassismus war scharf formuliert, sein Ulk über die Kölner Antifa brachte viele zum Lachen.

Die Songs der AG Arsch huh passten ins Programm. Wolfgang Niedeckens Aufruf, weiter friedlich zum Ebertplatz zu marschieren, war ein Novum in der Kölner Stadtpolitik.

Viele beteiligten sich dann noch am Marsch in Richtung Eberplatz, den die Polizei kurzfristig genehmigte. Die Neonazis waren aber für die meisten nicht zu sehen, sie waren weiträumig abgeschirmt. Sie liefen diesmal nicht durch das Kunibertsviertel, sondern nördlich vom Ebertplatz/nahe Rhein. Auf dem Rhein war ein Schiff mit Parolen gegen die Neonazis geschmückt.

Der Marsch der 128 Stiefelfaschisten selber ging vorwiegend durch menschenleere Straßen. Blockadeaktionen waren faktisch nicht möglich, weil die Polizei den Bereich hermetisch abgeriegelt hatte. Am Rande kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Schade, dass Steine und Flaschen flogen.