Berlin, 11.12.2003, Kundgebung mit Michel Chossudovsky gegen Sozialabbau, Bildungskahlschlag und KriegBilder

Der Krieg der USA um globale Hegemonie - Neuordnung der Welt

Vortrag von Michel Chossudovsky (Teil 1), veröffentlicht von 'junge Welt' am 13.12.2003 in der Übersetzung von Holger Hutt

Wir befinden uns am Wendepunkt der ernsthaftesten Krise in der jüngeren Geschichte. Die Bush-Administration hat sich auf ein militärisches Abenteuer eingelassen, das die Zukunft der Menschheit bedroht. Die Kriege in Afghanistan und Irak sind Teil einer umfassenderen militärischen Agenda, die mit dem Ende des Kalten Krieges auf den Plan trat. Die gegenwärtig stattfindenden Kriege stellen die Fortsetzung des Golfkrieges von 1991 und der NATO-Aggression gegen Jugoslawien dar.

Die Zeit nach dem Ende des Kalten Krieges ist darüber hinaus durch zahlreiche US-amerikanische Geheimdienstoperationen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gekennzeichnet, welche dem Ziel dienten, Bürgerkriege in mehreren früheren Sowjetrepubliken zu provozieren bzw. eskalieren zu lassen, wie dies in Tschetschenien (innerhalb der russischen Föderation), Georgien und Aserbaidschan geschehen ist. In letztgenannten Ländern wurden diese geheimen Operationen mit dem Ziel der strategischen Kontrolle über Korridore für Öl- und Gasleitungen durchgeführt.

US-amerikanische Militär- und Geheimdienstoperationen wurden seit dem Ende des Kalten Krieges in Osteuropa, der früheren Sowjetunion und auf dem Balkan in enger Abstimmung mit den vom IWF diktierten »Reformen zur Etablierung eines freien Marktes« durchgeführt, welche die Destabilisierung der nationalen Wirtschaftssysteme und die Verarmung von Millionen Menschen zur Folge haben. Die von der Weltbank finanzierten Privatisierungsprogramme in diesen Ländern ermöglichten es dem westlichen Kapital, die Kontrolle über einen Großteil der Ökonomien der Länder des ehemaligen Ostblocks zu gewinnen. Dieser Entwicklung liegen auch Fusionen und Übernahmen strategisch wichtiger Teile der Ölindustrie der ehemaligen Sowjetunion durch große westliche Konzerne zugrunde, die durch Manipulation und korrupte Geschäftspraktiken zustande kamen. In dem von den USA geführten Krieg geht es mit anderen Worten quasi um die Rekolonialisierung eines Gebietes, das sich vom Balkan bis nach Zentralasien erstreckt.

Die Entwicklung der US-amerikanischen Kriegsmaschinerie dient dazu, das ökonomische Einflußgebiet der USA zu vergrößern. Die Vereinigten Staaten haben nicht nur eine dauerhafte Militärpräsenz im Irak und in Afghanistan durchgesetzt, sie verfügen auch über Militärstützpunkte in mehreren ehemaligen Sowjetrepubliken entlang der chinesischen Westgrenze. Krieg und Globalisierung gehen Hand in Hand. Die Militarisierung flankiert, unterstützt und sichert die Eroberung neuer ökonomischer Grenzen und der weltweiten Durchsetzung des Systems des freien Marktes.

Die nächste Phase des Krieges

Die Bush-Administration hat Syrien als nächste Etappe auf der »Karte zum Krieg« benannt. Die Bombardierung von vermeintlichen Terroristenlagern durch die israelische Luftwaffe im vergangenen Oktober sollte als Rechtfertigung für künftige militärische Präventivschläge und Interventionen dienen. Ariel Scharon führte die Angriffe mit der Zustimmung Donald Rumsfelds aus (vgl. Gordon Thomas, Global Outlook, 6/2003). Die geplante Ausweitung des Krieges auf Syrien hat ernstzunehmende Konsequenzen. Sie bedeutet, daß Israel zu einem Hauptakteur in dem Krieg der USA und zu einem »offiziellen« Mitglied der angloamerikanischen Koalition aufsteigt.

Das Pentagon plant die Kontrolle des syrischen Territoriums, um auf diese Weise eine Verbindung zwischen Israel und dem besetzten Irak herzustellen, was militärisch wie auch ökonomisch von großer strategischer Bedeutung ist. Dieser Schritt würde die Kontrolle der irakischen Grenze ermöglichen. So könnte die Zahl der Freiwilligen eingedämmt werden, die in den Irak einreisen, um sich der irakischen Widerstandsbewegung anzuschließen.

Diese Erweiterung des Kriegsschauplatzes deckt sich mit Ariel Scharons Plan, ein »Großisrael« »auf den Trümmern des palästinensischen Nationalismus« zu errichten. Während Israel darum bemüht ist, seine territoriale Einflußzone in Richtung Euphrat auszuweiten und Siedlungen auf syrischem Territorium zu errichten, werden die Palästinenser in Gaza und der Westbank hinter einer »Apartheidsmauer« eingesperrt.

Unterdessen hat der US-Kongreß die Wirtschaftssanktionen gegen Libyen und Iran verschärft. Darüber hinaus deutet Washington die Notwendigkeit eines »Regimewechsels« in Saudi-Arabien an. Der politische Druck auf die Türkei nimmt zu. Der Krieg könnte sich also auf ein weit größeres Gebiet ausdehnen, das sich vom östlichen Mittelmeer bis zum indischen Subkontinent und der Westgrenze Chinas erstreckt.

Präventiver Atomwaffeneinsatz

Washington hat eine Politik des präventiven nuklearen Erstschlags beschlossen, die nun auch die Zustimmung des Kongresses erhalten hat. Die Zeiten, in denen der Einsatz von Atomwaffen nur als allerletztes Mittel in Frage kam, scheinen vorüber.

Die USA, Großbritannien und Israel haben ihre Atomwaffenpolitik miteinander abgestimmt. Israels atomare Sprengköpfe sind auf Hauptstädte im mittleren Osten gerichtet. Die Regierungen aller drei Länder haben schon vor dem Krieg gegen den Irak recht offen zugegeben, daß sie darauf vorbereitet sind, Atomwaffen einzusetzen, sollten sie sich einem Angriff mit Massenvernichtungswaffen ausgesetzt sehen. Israel ist die fünftgrößte Atommacht der Welt. Sein Atomwaffenarsenal ist besser ausgestattet als das Großbritanniens.

Nur wenige Wochen nach der Einnahme Bagdads durch US-Marines gab der Militärausschuß des US-Senats dem Pentagon grünes Licht für die Entwicklung einer neuen taktischen Atombombe, die auf konventionellen Kriegsschauplätzen eingesetzt werden soll. Sie soll eine Zerstörungskraft besitzen, welche die der auf Hiroshima abgeworfenen Bombe um das Sechsfache übersteigt.

Dem Senatsbeschluß Folge leistend, traf sich das Pentagon heimlich mit Führungspersonen der Atomindustrie und des militärisch-industriellen Komplexes im zentralen Befehlshauptquartier auf dem »Offutt«-Luftwaffenstützpunkt in Nebraska. Das Treffen fand am 6. August statt – dem Tag, an dem 58 Jahre zuvor die erste Atombombe auf Hiroshima abgeworfen wurde.

Die neue Atompolitik schließt explizit die Atom- und Waffenindustrie in die Kriegsplanung mit ein, was der »Privatisierung« des Atomkriegs gleichkommt. Die Firmen verdienen nicht nur Milliarden mit der Atomwaffenproduktion, sie haben auch direktes Mitspracherecht bei der Frage nach der Anwendung dieser Waffen.

Unterdessen hat das Pentagon eine große Werbe- und Public-Relations-Kampagne gestartet, um in der Bevölkerung um Zustimmung für den Einsatz von Atomwaffen für die »Verteidigung des Vaterlandes« zu werben. Mit ausdrücklicher Billigung des Kongresses werden die »Miniatur-Atombomben« (»mini-nukes«) als »für Zivilisten ungefährlich« deklariert. Diese neue Generation von Atomwaffen ist in der nächsten Phase des Krieges für den Einsatz auf »konventionellen Kriegsschauplätzen«(d. h. im Mittleren Osten und Zentralasien) zusammen mit konventionellen Waffen vorgesehen. Im Dezember 2003 hat der Kongreß allein für das Jahr 2004 die Bereitstellung von 6,3 Milliarden Dollar für die Entwicklung dieser neuen Generation »defensiver« Nuklearwaffen bewilligt. Der gesamte Verteidigungsetat der Vereinigten Staaten hat mit 400 Milliarden Dollar ungefähr den gleichen Umfang wie das gesamte Bruttoinlandsprodukt der Russischen Föderation.

Während es keinen sicheren Beweis für den Einsatz von »Mini-Atombomben« im Irak und in Afghanistan gibt, haben Tests des kanadischen »Uranium Medical Research Center« (UMRC) ergeben, daß die in Afghanistan festgestellte radioaktive Verstrahlung nicht auf die mit abgereichertem Uran ummantelten Geschosse (»depleted uranium ammunition«, DU), sondern auf eine andere Form radioaktiver Verseuchung zurückzuführen ist: »Irgendeine Art radioaktiver Waffe wurde eingesetzt (…) Die Ergebnisse waren verblüffend: Die Proben ergaben Konzentrationen giftiger radioaktiver Uranisotope, die 100 bis 400 mal höher waren als die, welche bei den Golfkriegsveteranen 1999 festgestellt worden waren.« (www.umrc.de)

Die Kriegsplanung

Der Krieg gegen den Irak befand sich spätestens seit Mitte der 90er Jahre im Stadium der Planung. Ein Dokument der Clinton-Administration über Fragen der nationalen Sicherheit aus dem Jahr 1995 nennt als Kriegsziel ganz offen »den ununterbrochenen und sicheren Zugang der USA zu Öl«. Im September 2000, ein paar Monate, bevor George W. Bush ins Weiße Haus einzog, veröffentlichte das »Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert« (»Project for a New American Century«, PNAC) seinen Entwurf zur Erlangung weltweiter Hegemonie unter dem Titel: »Amerikas Verteidigung neu aufbauen«.

Das PNAC ist eine neokonservative Denkfabrik, die in enger Verbindung zu den Geheimdiensten, der Republikanischen Partei und dem einflußreichen »Amt für internationale Beziehungen« (»Council on Foreign Relations«, CFR) steht, das bei der Formulierung der US-amerikanischen Außenpolitik hinter den Kulissen agiert. Das erklärte Ziel des PNAC besteht darin, »auf verschiedenen Kriegsschauplätzen gleichzeitig zu kämpfen und zu siegen«. Dieses Statement macht deutlich, daß die USA vorhaben, gleichzeitig an verschiedenen Orten auf dem Globus Kriege zu führen.

Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney hatten den Entwurf des PNAC schon vor den Präsidentschaftswahlen in Auftrag gegeben. Das PNAC entwirft einen Eroberungsplan. Es fordert »die Einrichtung amerikanischer Stützpunkte (»forward bases«) in ganz Zentralasien und dem Mittleren Osten« mit dem Ziel der Absicherung der weltweiten ökonomischen Vormachtstellung und der Unterdrückung eines jeden möglichen Rivalen und jeglicher in Erscheinung tretender Alternative zu der US-amerikanischen Vision der freien Marktwirtschaft. (vgl. Chris Ford: Bush’s Crusade for Empire, Global Outlook, 6/2003)

Der PNAC-Entwurf stellt auch für die Kriegspropaganda ein ausgearbeitetes System bereit. Ein Jahr vor dem 11. September sprach das PNAC von der Notwendigkeit »eines katastrophalen und klärenden Ereignisses, einem neuen Pearl Harbor«, welches die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten für die Unterstützung eines Kriegsplanes mobilisieren könnte. (vgl.http://www.globalsearch.ca/articles//NAC304A.html) Die Ideologen des PNAC scheinen mit zynischer Präzision die Instrumentalisierung des elften September als »Vorwand für einen Krieg« vorweggenommen zu haben.

Die Rede des PNAC von einem »katastrophalen und klärenden Ereignis« erinnert an eine ähnliche Bemerkung David Rockefellers vor dem Wirtschaftsausschuß der Vereinten Nationen (»UN Business Council«) aus dem Jahr 1994: »Wir stehen am Beginn eines weltweiten Umbruchs. Alles, was wir brauchen, ist die eine richtig große Krise und die Nationen werden die Neue Weltordnung akzeptieren.«

Ähnlich Zbigniew Brzezinski in seinem Buch »The Grand Chessboard«: »Es scheint schwieriger, (in den USA) eine Übereinstimmung in der Außenpolitik erreichen zu können, es sei denn für den Fall einer riesigen und weitreichend wahrgenommenen direkten Bedrohung.« Brzezinski, Sicherheitsberater von James Carter, war eine der Schlüsselfiguren beim Aufbau des Al-Qaida-Netzwerks durch die CIA anläßlich des Krieges zwischen der Sowjetunion und Afghanistan (1979–1989).

Das »katastrophale und klärende Ereignis«, von dem beim PNAC die Rede ist, stellt einen integralen Bestandteil der US-amerikanischen Militärplanung dar. General Tommy Franks, der den Angriff gegen den Irak leitete, stellte erst vor kurzem (Oktober 2003) die Bedeutung eines »zivile Opfer in großer Menge fordernden Anschlags« für die Errichtung einer Militärherrschaft in den USA heraus. (Vgl.: General Tommy Franks fordert die Außerkraftsetzung der US-amerikanischen Verfassung, November 2003, http://www.globalsearch.ca/articles/EDW311A. html)

Franks beschreibt das Szenario: »Ein zivile Opfer in großer Menge fordernder terroristischer Anschlag wird irgendwo in der westlichen Welt eintreten – es könnte in den USA sein. Dies wird die Bevölkerung dazu veranlassen, unsere eigene Verfassung in Frage zu stellen und der Militarisierung unserer Gesellschaft zuzustimmen, um ein weiteres solches Ereignis zu verhindern.« Diese Äußerung eines Mannes, der aktiv an militärischen und geheimdienstlichen Planungen auf höchster Ebene beteiligt war, läßt vermuten, daß es sich bei der »Militarisierung unseres Landes« um eine sich bereits vollziehende operationale Voraussetzung handelt. Sie ist Teil des weiterreichenden »Washington consensus«. Sie charakterisiert die »Roadmap« der Bush-Administration in Sachen Krieg und »Heimatverteidigung«. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, daß sie auch integraler Bestandteil der neoliberalen Agenda ist.

Der »massenhaft zivile Opfer fordernde terroristische Anschlag« wird von General Franks als entscheidender politischer Wendepunkt dargestellt. Die hieraus resultierende Krise und gesellschaftliche Unruhe sollen die politischen, gesellschaftlichen und institutionellen Strukturen der USA nachhaltig verändern. General Franks Äußerung spiegelt den innerhalb des US-Militärs herrschenden Konsens darüber wider, wie die Dinge sich entwickeln sollten. Der »Krieg gegen den Terrorismus« biete die Rechtfertigung dafür, die rechtsstaatlichen Prinzipien außer Kraft zu setzen, um auf lange Sicht »die bürgerlichen Freiheiten zu schützen«.

Franks’ Ausführungen legen einen Automatismus nahe, nach dem ein von Al Qaida organisierter terroristischer Anschlag in den USA einen Staatsstreich der militärischen Hardliner nach sich ziehen wird. Das »mit Pearl Harbour vergleichbare Ereignis« würde als Vorwand benutzt werden, den Ausnahmezustand auszurufen und zur Einsetzung einer Militärregierung führen.

In vielerlei Hinsicht hat sich diese Militarisierung zivilstaatlicher Institutionen unter dem Deckmantel der bürgerlichen Demokratie bereits vollzogen.

Kriegspropaganda

Unter dem Eindruck der Angriffe auf das World Trade Center schuf Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das »Amt für strategische Einflußnahme« (»Office for Strategic Influence, OSI) oder auch »Ministerium für Desinformation«, wie Kritiker es zu nennen pflegen: »Das Verteidigungsministerium sagte, sie müßten das machen, und sie erfanden tatsächlich irgendwelche Geschichten in der Hoffnung, so die öffentliche Meinung in der ganzen Welt beeinflussen zu können. (Interview mit Steve Adubato, Fox News, 26. Dezember 2002)

Urplötzlich wurde das OSI auf politischen Druck hin wieder aufgelöst, nachdem in den Medien davon die Rede gewesen war, seine Aufgabe bestehe darin, »im Dienste amerikanischer Interessen bewußt Lügen zu verbreiten«. (Air Force Magazine, Januar 2003) »Rumsfeld machte einen Rückzieher und bezeichnete die Berichte als peinlich.« (Adubato) Aber trotz dieser offensichtlichen Kurskorrektur änderte sich an der Desinformationskampagne des Pentagon nichts, sie läuft nach wie vor nach altem Muster: »Der Verteidigungsminister ist in dieser Hinsicht nicht besonders aufrichtig. Gezielte Fehlinformationen im Zusammenhang mit militärstrategischen Verlautbarungen sind Teil eines jeden Krieges.« (ebenda)

Rumsfeld bestätigte später in einem Interview, daß, obschon das OSI dem Namen nach nicht länger existiere, die Aufgaben, welche ihm zugedacht waren, nach wie vor erfüllt würden. (zitiert nach den »Geheimen Nachrichten« des »Zusammenschlusses amerikanischer Wissenschaftler«, FAS), http://www.fas.org/sgp/news/ secrecy/2002/11/112702.html) Nach wie vor arbeitet eine ganze Anzahl von Abteilungen und Gruppen an der Fortführung der Kampagne. Sie sind entweder der Regierung oder den Geheimdiensten unterstellt und stehen natürlich alle in enger Verbindung mit dem Pentagon.

Die Dinge werden auf den Kopf gestellt. Kriegerische Handlungen werden zu »humanitären Interventionen« mit dem Ziel eines »Regimewechsels« und der »Einführung der Demokratie« umgelogen. Militärische Besatzung und die Ermordung von Zivilisten werden als »friedenssichernde Maßnahmen« verkauft. Die Abschaffung bürgerlicher Rechte und Freiheiten in Zusammenhang mit den »Antiterrorgesetzen« wird als Mittel zur Bewahrung der inneren Sicherheit und der Verteidigung zivilgesellschaftlicher Errungenschaften dargestellt.

Al Qaida und das Pentagon

Der Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) zufolge stellen die Doktrin des »präventiven Verteidigungskrieges« und der »Krieg gegen den Terrorismus« bzw. gegen das Terrornetzwerk Al Qaida die beiden Hauptpfeiler der Propagandakampagne des Pentagon dar. Das Ziel besteht in der Vermittlung »präventiver Militärschläge« – d. h. Krieg als Mittel der Selbstverteidigung – gegen zwei Arten von Feinden, »Schurkenstaaten« und »islamistische Terroristen«:

»Der weltweite Krieg gegen den Terrorismus ist ein globales Unternehmen von unabsehbarer Dauer. (…) Die Vereinigten Staaten werden gegen derlei Bedrohungen vorgehen, noch bevor sie sich vollständig ausgebildet haben. (…) Schurkenstaaten und Terroristen werden nicht versuchen, uns mit herkömmlichen Mitteln anzugreifen, da sie wissen, daß derlei Versuche scheitern würden. Statt dessen setzen sie auf terroristische Anschläge und die Anwendung von Massenvernichtungswaffen (…)

Die Ziele dieser Angriffe sind sowohl unsere Streitkräfte wie auch unsere Zivilbevölkerung, was eine der wichtigsten Grundsätze der Gesetze der Kriegführung verletzt. Wie der 11. September 2001 gezeigt hat, geht es diesen Terroristen darum, möglichst viele Zivilisten zu treffen und diese Verluste unter der Zivilbevölkerung wären noch um ein vielfaches höher, kämen Terroristen in den Besitz von Massenvernichtungswaffen und sähen sich in die Lage versetzt, diese zur Anwendung bringen.

Schon seit langem behalten sich die USA die Möglichkeit präventiver Maßnahmen vor, um Bedrohungen der nationalen Sicherheit zu begegnen. Je größer die Bedrohung, desto gefährlicher ist es, sich passiv und abwartend zu verhalten und desto zwingender ist es, vorbeugende Maßnahmen zu unserer Verteidigung zu ergreifen (…). Um derartigen Aggressionen unsere Gegner zuvorzukommen und sie zu verhindern, werden die Vereinigten Staaten, falls notwendig, präventive Maßnahmen ergreifen.« (Nationale Sicherheitsstrategie, Weißes Haus )

Um vorbeugende Militärschläge rechtfertigen zu können, muß die Nationale Sicherheitsdoktrin eine terroristische Bedrohung, einen »äußeren Feind« heraufbeschwören und gleichsam die Behauptung aufstellen, die terroristische Bedrohung gehe von den sogenannten Schurkenstaaten aus, die Terroristen finanziell und logistisch unterstützten. Das bedeutet aber auch, daß die möglichen »massenhaft zivile Opfer fordernden Anschläge«, die mit Al Qaida (dem äußeren Feind) argumentieren, Teil des nationalen Sicherheitskonzepts sind.

Quelle: www.jungewelt.de/2003/12-13/004.php


Der Krieg der USA um globale Hegemonie - Feindbestimmung

Vortrag von Michel Chossudovsky (Teil 2), veröffentlicht von 'junge Welt' am 15.12.2003 in der Übersetzung von Holger Hutt

Vor der Invasion im Irak wurden verdeckte Operationen durchgeführt, um falsche Informationen sowohl über die Existenz von Massenvernichtungswaffen als auch über Al Qaida in Umlauf zu bringen. Nach Kriegsbeginn trat die Rede von einer Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen in den Hintergrund. Dagegen wurden die Warnungen vor Anschlägen durch Al Qaida in den USA in jede öffentliche Stellungnahme mit aufgenommen und in allen Nachrichtensendungen wiederholt.

Neben dieser Beschwörung der Gefahr terroristischer Anschläge werden die Auftritte und Verlautbarungen Osama bin Ladens als Rechtfertigung für die nächste Phase des Krieges ausgegeben. Diese hängt in sehr direkter Weise ab erstens von der Effektivität der Propaganda des Pentagons und der CIA, die durch Einspeisung in die Nachrichtenkette in Umlauf gebracht wird, und zweitens von dem tatsächlichen Eintreten »massenhaft zivile Opfer fordernder Anschläge« wie vom PNAC beschrieben. Das bedeutet, daß tatsächliche »massenhaft Opfer fordernde Anschläge« Bestandteil der militärischen Planung sind.

Der tatsächliche Terror

Mit anderen Worten: Um »effektiv« zu sein, kann die Angst- und Desinformationskampagne nicht allein auf »Warnungen« vor zukünftigen Anschlägen setzen, sie braucht auch »wirkliche« Terroristen oder terroristische Anschläge, um den Kriegsplänen Washingtons Glaubwürdigkeit zu verleihen. Mit diesen Terroranschlägen werden sowohl »Notstandsverordnungen« im Inneren als auch militärische Vergeltungsmaßnahmen nach außen gerechtfertigt. Sie werden gegenwärtig gebraucht, um die Vorstellung eines »äußeren Feindes«, der die amerikanische Heimat bedroht, wirkungsmächtig werden zu lassen.

Überlegungen darüber, wie Ereignisse herbeigeführt werden könnten, die sich als Vorwand für einen Krieg eignen, gehören seit jeher zu den Aufgaben des Pentagon. Sie sind ein fester Bestandteil der US-amerikanischen Militärgeschichte. (Vgl. Richard Sanders: Kriegsvorwände. Wie man einen Krieg beginnt. Global Outlook, in zwei Teilen veröffentlicht, Themen 2 und 3, 2002-2003).

1962 haben die Verbindungsstabschefs (»Joint Chiefs of Staff«) einen geheimen Plan namens »Operation Northwoods« zur Herbeiführung ziviler Opfer ausgearbeitet, um einen Vorwand für die Invasion auf Kuba zu erhalten: »Wir könnten ein US-Schiff in Guantanamo Bay in die Luft jagen und Kuba beschuldigen.« »Wir könnten eine kommunistische kubanische Terrorkampagne in Miami oder in anderen Städten Floridas oder sogar in Washington inszenieren«, »die Listen mit den Namen der Opfer würden eine Welle nationaler Betroffenheit und Empörung auslösen, die sehr hilfreich wäre.« (siehe das freigegebene Top-Secret-Dokument von 1962 mit dem Titel: »Rechtfertigung für eine militärische Intervention der USA auf Kuba«, vgl. Operation Northwoods auf http://www.globalsearch.ca/articles/NOR111A.html)

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß das Pentagon oder die CIA direkt an Terroranschlägen in jüngster Zeit beteiligt waren, einschließlich derjenigen in Indonesien (2002), Indien (2001), der Türkei (2003) und Saudi-Arabien (2003). Berichten zufolge wurden diese Anschläge von Organisationen (oder Zellen dieser Organisationen) unternommen, die weitgehend unabhängig und autonom arbeiten.

Solche weitgehend unabhängig agierenden Gruppen eignen sich allerdings hervorragend dafür, durch verdeckte Operationen von den Geheimdiensten für ihre Zwecke eingespannt zu werden. Die Terroristen wissen dabei oft gar nicht um ihre geheimen Sponsoren und die Rolle, die sie für diese spielen, da beide nicht in direktem Kontakt miteinander stehen. Die entscheidende Frage lautet: Wer steht hinter ihnen? Wer sind die Mittelsmänner, die sie direkt finanzieren? Wie sieht das Verbindungs- und Kommunikationssystem aus?

Die mutmaßlich für den Bombenanschlag auf Bali im Jahr 2002 verantwortliche Terrororganisation Jemaah Islamiah beispielsweise hat Verbindungen zum indonesischen Militärgeheimdienst (BIN), der wiederum Verbindungen zur CIA und dem australischen Nachrichtendienst unterhält.

Die Terroranschläge auf das indische Parlament vom Dezember 2001 – die beinahe einen Krieg zwischen Indien und Pakistan provoziert hätten – wurden angeblich von zwei in Pakistan ansässigen Terrorgruppen, Lashkar-e-Taiba (»Armee der Reinen«) und Jaish-e-Muhammed (»Armee Mohamneds«) ausgeführt, die laut Angaben des Amtes für internationale Verbindungen (Council on Foreign relations, CFR) Verbindungen zum pakistanischen Militärgeheimdienst ISI (Inter-Service-Intelligence) haben. (Council on Foreign Relations, http://www.terrorismanswer.com/groups/harakat2.html, Wahington 2002).

Was das CFR nicht erwähnt, sind die Verbindungen zwischen ISI und CIA sowie der Umstand, daß ISI auch weiterhin sowohl Lashkar, Jaish und die militanten Jammu und Kashmir Hizbul Mujahideen (JKHM) unterstützt, als auch gleichzeitig mit der CIA zusammenarbeitet. (Für nähere Einzelheiten siehe Michel Chossudovsky, Fabricating an Enemy, März 2003, http://www.globalsearch.ca/articles/CH0301B.html)

Ein geheimes Gutachten aus dem Jahre 2002 zur Instruktion des Pentagon »fordert die Einrichtung einer sogenannten »Gruppe für vorbeugende Maßnahmen« (P2OG) für die Durchführung geheimer Operationen, die darauf abzielen sollen, Reaktionen von seiten der Terroristen und Staaten, die im Besitz von Massenvernichtungswaffen sind, zu provozieren. Beispielsweise sollen Terrorzellen zu Aktionen angestachelt werden, um sie dadurch dem Zugriff durch US-Streitkräfte auszusetzen.« (William Arkin: Der geheime Krieg, The Los Angeles Times, 27. Oktober 2002)

Die P2OG-Initiative ist nichts Neues. Im Grunde stellt sie nur eine Ergänzung bereits existierender verdeckter Operationen dar. Die Unterstützung von Terrorgruppen durch die CIA seit Beginn des Kalten Krieges ist ausführlich dokumentiert. Das »Anstacheln der Terrorzellen« durch Geheimdienstoperationen erfordert häufig die Unterwanderung und Ausbildung der mit Al Qaida in Verbindung stehenden Gruppen.

In dieser Hinsicht wurde die heimliche Unterstützung verschiedener islamischer Terrororganisationen durch den US-amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparat durch ein komplexes Netzwerk von Vermittlern und Stellvertretern geleistet. Im Laufe der 90er Jahre haben Organe der US-Regierung in einer Reihe geheimer Operationen mit Al Qaida zusammengearbeitet, wie aus einem Bericht des Ausschusses der Republikanischen Partei im Kongreß der USA aus dem Jahr 1997 hervorgeht. (Siehe US-Kongreß, 19. Januar 1997, http://www.globalsearch.ca/articles/DCH109A.html) Tatsächlich haben US-Waffeninspektoren während des Krieges in Bosnien mit Agenten Al Qaidas zusammengearbeitet, die große Mengen an Waffen für die Armee der bosnischen Moslems ins Land brachten.

Mit anderen Worten: Die Clinton-Regierung deckte Terroristen.

Offizielle Verlautbarungen und Berichte von Nachrichtendiensten bestätigen darüber hinaus Verbindungen zwischen Einheiten der amerikanischen Militär- und Nachrichtendienste und Al-Qaida-Agenten in Bosnien (Mitte der 90er), Kosovo (1998-99) und Mazedonien (2001). (Siehe Michel Chossudovsky: Krieg und Globalisierung. Die Wahrheit über den 11. September, Global Outlook, 2003, Kapitel 3, http://globalsearch.ca/globaloutlook/truth911.html)

Bush-Regierung und NATO hatten Verbindungen zu Al Qaida in Mazedonien. Und nur wenige Wochen vor dem 11. September 2001 verübten US-amerikanische Militärberater in privaten Söldneruniformen auf Geheiß des Pentagon zusammen mit Mudschaheddin terroristische Angriffe auf die mazedonischen Sicherheitskräfte. Dies ist durch die mazedonische Presse sowie Aussagen mazedonischer Regierungsbeamte dokumentiert. Die Regierung der Vereinigten Staaten und das Netzwerk des militanten Islamismus arbeiteten Hand in Hand bei der Unterstützung der Nationalen Befreiungsarmee (NLA), die an den Terroranschlägen in Mazedonien beteiligt war.

Mit anderen Worten: Das US-Militär arbeitete nur wenige Wochen vor dem 11. September direkt mit Al Qaida zusammen.

Al Qaida und der ISI

Es ist in der Tat aufschlußreich, daß praktisch bei allen Terroranschlägen seit dem 11. September den hinter diesen Anschlägen vermuteten Organisationen von Seiten der Presse und den offiziellen Stellen Verbindungen zu Al Qaida nachgesagt worden sind. Dies ist an sich schon eine bedeutsame Information. Natürlich findet die Tatsache, daß es sich bei Al Qaida um ein Ziehkind der CIA handelt, in den Presseberichten keinerlei Erwähnung. Für das Verständnis dieser Anschläge wird ihr keinerlei Bedeutung beigemessen.

Die Verbindungen dieser Terrororganisationen (besonders in Asien) zum pakistanischen Militärgeheimdienst (ISI) werden in einigen Fällen von offiziellen Quellen und Presseberichten bestätigt. Mit Berufung auf das Ministerium für internationale Verbindungen (CFR) wird über einige dieser Gruppen gesagt, sie hätten Verbindungen zum pakistanischen ISI, ohne daß die nähere Gestalt dieser Verbindungen erläutert werden würde. Selbstredend handelt es sich hierbei aber um die entscheidende Information, um die Geldgeber dieser Terroranschläge zu identifizieren. Mit anderen Worten wird gesagt, der ISI unterstütze diese Terrororganisationen, während er gleichzeitig weiterhin eng mit der CIA zusammenarbeitet.

Offizielle Quellen bestätigen die Unterstützung Al Qaidas durch den pakistanischen Militärgeheimdienst. Das ISI hat viele Terrororganisationen unterstützt. Es gibt genügend Beweise dafür, daß der ISI von der CIA unterstützt wird und enge Verbindungen zwischen den beiden Diensten bestehen. Die Terroristen des 11. September handelten nicht nach eigenem Willen. Offizielle Dokumente, darunter Kongreßmitschriften, belegen darüber hinaus, daß Al Qaida ein Produkt der CIA ist (wörtlich ist von einem »Aktivposten der Nachrichtendienste«, »intelligence asset«, die Rede).

Der 11. September

Während Colin Powell – ohne Beweise zu liefern – in seiner Ansprache vor der UNO auf die Verbindungen zwischen Irak und Al Qaida hingewiesen hat, bestätigen offizielle Dokumente, Presse- und Geheimdienstberichte, daß mehrere (aufeinanderfolgende) US-Regierungen das militante islamistische Netzwerk unterstützt und begünstigt haben. Diese Verbindung ist eine bewiesene Tatsache, die von zahlreichen Untersuchungen bestätigt und von den Denkfabriken Washingtons eingeräumt worden ist.

Sowohl Collin Powell als auch sein Stellvertreter Richard Armitage, die in den Monaten vor dem Krieg gelegentlich Bagdad und andere Regierungen beschuldigten, Terroristen zu beherbergen, spielten an verschiedenen Punkten in ihrer Karriere eine direkte Rolle bei der Unterstützung von Terrororganisationen.

Beide waren unter der Reagan-Regierung hinter den Kulissen an der Iran-Contra-Affäre beteiligt, bei der es um illegale Waffenlieferungen an den Iran ging, mit deren Erlösen die Contras in Nikaragua und die afghanischen Mudschaheddin finanziert wurden. (Siehe Michel Chossudovsky: Die Verbindungen zwischen Al Qaida und der Bush-Regierung, http://www.globalsearch.ca/articles/CH0303D.html)

Darüber hinaus spielten beide bei der Vertuschung der Ereignisse des 11. September eine Rolle. Die Untersuchungen und Recherchen der letzten zwei Jahre (einschließlich offizieller Dokumente, Zeugenaussagen und Berichten von Nachrichtendiensten) legen nahe, daß es sich beim 11. September eher um eine sorgfältig geplante Geheimdienstoperation als um die Tat einer terroristischen Vereinigung handelte.

Das FBI bestätigte in einem Bericht von Ende September 2001 die Rolle des pakistanischen Militärgeheimdienstes. Dem Bericht zufolge wurde der mutmaßliche Kopf der für die Durchführung des elften September verantwortlichen Gruppe aus pakistanischen Quellen finanziert. Ein nachfolgender Bericht bestätigte, daß der damalige Chef des ISI, General Mahmound Ahmad, Geld an Mohamed Atta überwiesen hatte. (Siehe: Michel Chossudovsky, Krieg und Globalisierung)

Das ISI arbeitet sehr eng mit seinem amerikanischen Gegenstück, der CIA zusammen.

Darüber hinaus bestätigen Presseberichte und offizielle Verlautbarungen, daß der Chef des ISI vom vierten bis zum 13. September 2001 offiziell die USA besuchte. Der Mann, der angeblich Geld an die Terroristen weiterleitete, hatte engen Kontakt zu einer ganzen Reihe von Vertretern der Bush-Administration, einschließlich Colin Powell, CIA-Chef George Tenet und Vizestaatssekretär Richard Armitage, mit dem er bei seinem Besuch in Washington zusammentraf.

Die Antikriegsbewegung

Eine starke Antikriegsbewegung kann nicht allein auf die Mobilisierung von Antikriegsstimmungen setzen. Sie muß die Kriegsverbrecher schließlich aus ihren Ämtern vertreiben und ihr Recht zu regieren in Frage stellen. Um die Herrschenden zu Fall bringen zu können, muß ihre Propagandakampagne geschwächt und schließlich zerschlagen werden.

Die Wucht der großen Antikriegsdemonstrationen in den USA, in Europa und auf der ganzen Welt sollte den Grundstein legen für ein dauerhaftes Netzwerk, das sich aus Zehntausenden Antikriegsinitiativen auf lokaler Ebene, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, in Kirchengemeinden, Schulen, Universitäten usw. zusammensetzt. Nur durch ein solches Netzwerk wird schließlich die Legitimität derer, die »in unserem Namen regieren« in Frage gestellt werden.

Um die Kriegspläne der Bush-Administration zunichte und ihre Kriegspropaganda wirkungslos machen zu können, müssen wir uns mit unseren Verbündeten in den USA, in Europa und auf der ganzen Welt zusammentun; mit den Millionen gewöhnlicher Leute, die über die Gründe und Ursachen dieses Krieges getäuscht worden sind.

Dies bedeutet auch, daß die Lügen über den »Krieg gegen den Terrorismus« und die politische Mitverantwortung der Bush-Regierung für die Ereignisse des 11. September restlos aufgedeckt werden müssen. Der 11. September ist eine Ente. Er ist die größte Lüge in der US-amerikanischen Geschichte.

Es versteht sich von selbst, daß die Herbeiführung von »eine große Menge ziviler Opfer fordernder Anschläge« als Vorwand für einen Krieg, eine kriminelle Handlung darstellt. Mit den Worten von Andreas von Bülow, dem früheren deutschen Forschungsminister und Autor des Buches »Die CIA und der 11. September«: »Wenn stimmt, was ich sage, müßte die gesamte US-Regierung hinter Gittern landen.«

Handlanger der Wall Street George Bush oder Tony Blair zu beseitigen würde indes nicht ausreichen, da es sich bei ihnen nur um Marionetten handelt. Wir müssen ebenso die Rolle der Banken, Unternehmen und sonstiger Institutionen ansprechen, die unzweifelhaft hinter den politischen und militärischen Agenten stehen. Die amerikanische Politik wird zunehmend mehr vom Establishment der Militär- und Nachrichtendienste bestimmt, als vom State Department, vom Weißen Haus oder vom Kongreß. Unterdessen ziehen die großen texanischen Ölkonzerne, die Rüstungsindustrie, die Wall Street und die großen Medienkonzerne die Fäden im Hintergrund. Wenn die Politiker nicht mehr funktionieren, wie sie sollten, können sie von den Medien zu Fall gebracht und durch eine neue Marionettenregierung ersetzt werden. In den USA stimmen Republikaner und Demokraten in Bezug auf die Ziele des Krieges vollkommen überein. Kriegsverbrecher finden sich in den Reihen beider Parteien. Beide Parteien sind an der Vertuschung der Ereignisse des elften September und dem darauffolgenden Feldzug zur Durchsetzung weltweiter Hegemonie beteiligt. Alle Beweise deuten auf eine »Kriminalisierung des Staates«, was die Gerichte und beide im US-Kongreß vertretenen Parteien einschließt. Ihr Nutznießer ist allein eine kleine Zahl von Monopolkapitalisten.

»Kriminalisierung des Staates« bedeutet, daß Kriegsverbrecher legalerweise Führungspositionen einnehmen, die es ihnen gestatten, darüber zu entscheiden, wer an ihrer Statt als Verbrecher bezeichnet und verfolgt werden soll.

Unter der Agenda des Krieges können hohe Repräsentanten der Bush-Regierung, Angehörige des Militärs, des Kongresses und der Justiz sich nicht nur anmaßen, kriminelle Handlungen zu begehen, sondern darüber hinaus auch noch die, die sich in der Antikriegsbewegung diesen Verbrechen entgegenstellen, als »Staatsfeinde« zu diffamieren.

Grundsätzlicher formuliert, vertritt und unterstützt der US-amerikanische Militär- und Sicherheitsapparat die herrschenden wirtschaftlichen und finanziellen Interessen. Der Aufbau und die Exekution militärischer Stärke dienen der Durchsetzung des »freien Handels«. Das Pentagon ist der Handlanger der Wall Street; die NATO, Weltbank und IWF stimmen ihre militärischen, finanzpolitischen und sonstigen Operationen gegenseitig ab. Schließlich ist den Sicherheits- und Verteidigungsorganen des westlichen Militärbündnisses und den verschiedenen zivilen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen (IWF, Weltbank, WHO) eine gemeinsame Haltung und ideologische Überzeugung eigen, welche sie für die Durchsetzung der neuen Weltordnung eintreten läßt.

Um die Verheerungen des Krieges rückgängig zu machen, müssen Militärstützpunkte geschlossen, die Produktion immer neuer Waffensysteme gestoppt und der immer weiter um sich greifende Polizeistaat zerschlagen werden. Wir müssen die Repressalien, die im Namen des freien Marktes errichtet wurden, rückgängig machen, die Institutionen des global gewordenen Kapitalismus zerschlagen und die Macht der Finanzmärkte brechen.

Dieser Kampf braucht eine breite demokratische Basis, die alle Bereiche der Gesellschaft in allen Ländern umfaßt: Arbeiter, Bauern, unabhängige Produzenten, Kleingewerbetreibende, Selbständige, Künstler, Beamte, Kirchenvertreter, Studenten und Intellektuelle. Die Antikriegs- und globalisierungskritischen Bewegungen müssen zu einer großen weltweiten Bewegung vernetzt werden. Die Menschen aus allen Bereichen müssen zusammengebracht werden, einzelne Interessengruppen müssen sich zusammentun und ein gemeinsames Verständnis dafür entwickeln, welche Zerstörungen, Not, Hunger und Elend diese neue Weltordnung bedeutet. Die Globalisierung dieses Kampfes ist von entscheidender Bedeutung. Sie benötigt ein Maß an Solidarität und Internationalismus, das es bislang in der Geschichte noch nicht gegeben hat. Das weltweit herrschende Wirtschaftssystem basiert auf sozialer Ungleichheit innerhalb der Gesellschaften sowie zwischen den Staaten. Eine gemeinsame Zielsetzung und die weltweite Koordination zwischen den verschiedenen Gruppen und sozialen Bewegungen sind daher von entscheidender Bedeutung. Eine riesige Anstrengung ist erforderlich, die soziale Bewegungen aller Weltteile unter dem gemeinsamen Ziel zusammenbringen, die Armut aus der Welt zu schaffen und dauerhaft für Frieden und Stabilität zu sorgen.

Quelle: www.jungewelt.de/2003/12-15/003.php