Köln und Bonn, 27./26.1.2004 - US-Aktivistin Prof. Dr. Jean Grossholtz über das Weltsozialforum und den NeoliberalismusBilder

Das Weltsozialforum und die Anti-Globalisierungsbewegung aus feministischer Perspektive

Presseerklärung vom 12.1.2004 zur Veranstaltung mit der US-amerikanischen Globalisierungskritikerin Prof. Dr. Jean Grossholtz

Die US-amerikanische Prof. Dr. Jean Grossholtz, emeritierte Leiterin der Abteilung `Women´s Studies´ am US-amerikanischen Mt. Holyoke-College und Mitglied von lokalen, regionalen und internationalen Netzwerken für eine andere Globalisierung wird am Dienstag, den 27.01.04 in Köln über ihre Erfahrungen beim 4.Weltsozialforum in Bombay, Indien berichten (englischsprachig mit deutscher Übersetzung).

Auf dem Weltsozialforum in Bombay (16.01. - 21.01.04) tritt sie bei der `internationalen Frauenkonferenz für kulturelle und biologische Vielfalt´, beim Seminar `Frauen, Ernährungssicherheit und Landwirtschaft´ und bei der `Frauen- und Wasserkonferenz´ als Sprecherin des internationalen Frauen- Anti-Globalisierungsnetzwerkes `Diverse Women for Diversity´ (Vielfältige Frauen für die Vielfalt) auf.

Als langjährige Forscherin und politische Aktivistin wird sie vor dem Hintergrund ihrer umfangreichen Erfahrung und ihres Wissens die Auswirkungen der neoliberalen Globalisierung und die Prozesse in der Anti-Globalisierungsbewegung aus feministischer Perspektive darstellen.

Darüberhinaus berichtet sie über die politische Entwicklung in den USA nach dem 11.September 2001, wie zum Beispiel über die Abschaffung von verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechten mittels der sogenannten `Patriot Acts´.

Bei den Patriot Acts handelt es sich um Repressionsinstrumente zur vorgeblichen Terrorismusbekämpfung, die in den USA auf immer mehr Widerstand stoßen. So wurden mittels des Patriot Act I vom 25. Oktober 2001 tausende von Menschen nur aufgrund ihrer arabisch klingenden Namen zum Teil wochenlang ohne Angabe von Gründen festgenommen.

Über die innenpolitischen Auswirkungen der Patriot Acts, über den politischen Widerstand gegenüber der US-amerikanischen Regierungspolitik und gegenüber der neoliberalen Globalisierung und über die US-amerikanische Friedensbewegung berichtet uns diese außergewöhnliche, engagierte Feministin.

Dienstag, 27.01.2004 um 20 Uhr
Piccolo-Theater
Zülpicher Str. 28
50674 Köln
Der Eintritt ist frei

Zu dieser Veranstaltung im Frauentheater Piccolo laden wir alle globalisierungskritischen MitbürgerInnen und insbesondere diejenigen, die sich für eine feministische Perspektive zur neoliberalen Globalisierung und zu internationalen Widerstandsbewegungen interessieren, herzlich ein.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Presse bitten wir um Terminankündigung, Berichterstattung und - für den Fall von Interviewwünschen - um rechtzeitige Bekanntgabe, da eine gesonderte Pressekonferenz nicht vorgesehen ist.

Die Veranstalterinnen:
Anneliese Fikentscher, arbeiterfotografie.com, Tel. 0221-727 999
Regina Schwarz, Redaktion Infobrief gegen neoliberale Politik und Konzernherrschaft, Tel. 0221-373102


Kampf gegen den ökonomischen Krieg

Besuch der US-amerikanischen Globalisierungskritikerin Jean Grossholtz in Köln - Artikel von Anneliese Fikentscher in 'Lokalberichte Köln' vom 5.1.2004

Fünfundsiebzig Jahre, mehr als 30 Gefängnisaufenthalte wegen zivilen Ungehorsams und keine Scheu vor weiteren Repressalien: Jean Grossholtz, emeritierte Professorin und Begründerin des Instituts für Frauenstudien am Mt. Holyoke College, Massachusetts, bringt die Dinge auf den Punkt: „Alle für die Menschen wichtigen Bedürfnisse wurden nicht im Parlament sondern auf den Strassen erkämpft.“

Das Weltsozialforum in Bombay hat eine Menge Staub aufgewirbelt - tatsächlich waren die Tagungsräume in einer stillgelegten Fabrik von zentimeterdickem schwarzen Staub bedeckt - sollte doch die Arbeitseffektivität in einer so immens bedeutenden Angelegenheit, wie der neoliberalen Politik der Welthandelsorganisation WTO praktisch und strategisch nachhaltig entgegenzuwirken, zwingend gegeben sein. Das seit der ersten Einberufung des Weltsozialforums vor drei Jahren im brasiliansichen Porto Allegre geltende Hauptthema „Eine andere Welt ist möglich" wurde in Bombay vom Subthema „Bush ist ein Mörder und zerstört unseren Planeten“ dominiert.

Tage zuvor hatte Jean Grossholtz am Weltwasserforum (Peoples World Water Forum) in Neu Delhi teilgenommen. Die KonferenzteilnehmerInnen begründeten das Peoples World Water Movement, eine Bewegung, die durch gezielte Aktionen der dramatischen Situation einer drohenden Wasserverknappung in etwa 25 Jahren und der parallel stetig zunehmenden Privatisierung durch die fünf bis sechs weltweit auf dem Wasser“markt“ agierenden Konzerne (darunter die deutsche RWE) entgegenwirken will. Exemplarisch sollen Suez und Coca Cola boykottiert werden. Die Handlungsempfehlung: „Kauft kein Wasser in Flaschen“, damit die Grundversorgung mit sauberem Trinkwasser nicht gefährdet wird. „Wasser ist ein Menschenrecht“ und darf nicht als Handelsware nach den Vorstellungen der WTO in neoliberaler Manier kommerziell ausgeschlachtet werden.

„Durch die Politik der WTO kann keine Regierung ein Unternehmen mehr daran hindern, Profit zu machen“, lautet Jeans’s nüchterne Analyse. Wie fortgeschritten die Verflechtung von Politik und Kommerz bereits vor der drohenden Ratifizierung der GATS-Verträge 2005 ist: „Eine wichtige Sache, die alle verstehen sollten - es passiert in den USA und auf der ganzen Welt: Die Regierung selbst wird privatisiert!“


Unruhestiften im Bauch des Monsters

US-amerikanische Aktivistin und Globalisierungskritikerin Jean Grossholtz (75) berichtet über Weltwasserforum, Weltsozialforum und Auswirkungen des Patriot Act - Artikel von Anneliese Fikentscher in 'Unsere Zeit' vom 13.2.2004

Bei ihrem einwöchigen Deutschlandbesuch mit Stationen in Bonn, Köln und Berlin beeindruckt die emeritierte Professorin und Begründerin des Instituts für Frauenstudien am Mt. Holyoke College, Massachusetts, Jean Grossholtz, mit klaren Botschaften: "Alle für die Menschen wichtigen Bedürfnisse wurden nicht im Parlament sondern auf den Strassen erkämpft." Fünfundsiebzig Jahre, mehr als 30 Gefängnisaufenthalte wegen zivilen Ungehorsams und keine Scheu vor weiteren Repressalien: Angabe von Name, Anschrift, Telefonnummer, Alter und Sozialkennzahl war die Antwort der amerikanischen Aktivisten auf den empfindlichen Abbau von Bürgerrechten durch den so genannten P.A.T.R.I.O.T. Act I im Gefolge des 11. September 2001. Unterschrieben und versehen mit der Bemerkung "Wir halten Sie über alles auf dem Laufenden was wir tun" - und "Wir werden Bush unter allen Umständen zu Fall bringen" sandten sie die selbst erstellten Erfassungskarten an das FBI.

In Bombay wurde das Hauptthema des 3. Weltsozialforums „Eine andere Welt ist möglich“ vom Subthema „Bush ist ein Mörder und zerstört unseren Planeten“ dominiert. Im Rahmen des WSF trat Jean u.a. bei der ‘internationalen Frauenkonferenz für kulturelle und biologische Vielfalt’ und beim Seminar ‘Frauen, Ernährungssicherheit und Landwirtschaft ‘ als Sprecherin des internationalen Frauen-Anti-Globalisierungsnetzwerkes ‘Diverse Women for Diversity’ (Vielfältige Frauen für die Vielfalt) auf. Jean berichtete über sogenannte ‘Profit-Nahrung’, wie das weithin noch unbekannte, in hohem Maße süchtig und krank machende HFCS, High Fructuose Corn Syrup, ein künstlich kreierter Zucker, genannt fructosereicher Glucosesirup, der schon bei Kindern Fettleibigkeit und Diabetiserkrankungen verursacht. An HFCS, hergestellt aus genetisch verändertem Mais, profitieren weltweit 6 Konzerne in Monopolstellung und in der weiteren Kette Nestle, Conagra, Unilever, Philip Morris. Letzterer unterhält 'Kraft Food', wozu in Deutschland u.a. Jacobs, Milka, Miracoli, Philadelphia gehören (www.diversewomen.org, womenandlife.org).

Tage zuvor hatte Jean Grossholtz am Weltwasserforum (Peoples World Water Forum) in Neu Delhi teilgenommen. Die KonferenzteilnehmerInnen begründeten das Peoples World Water Movement, eine Bewegung, die durch gezielte Aktionen der dramatischen Situation einer drohenden Wasserverknappung in etwa 25 Jahren und der parallel stetig zunehmenden Privatisierung durch die fünf bis sechs weltweit auf dem Wasser“markt“ agierenden Konzerne (darunter die deutsche RWE) entgegenwirken will. Exemplarisch sollen SUEZ und Coca Cola boykottiert werden. Eine weitere Handlungsempfehlung geht dahin, kein Wasser in Flaschen (insbesondere das von Coca Cola in Deutschland unter der Bezeichnung Bonaqa vertriebene Leitungswasser aus Münster, A.F.) mehr zu kaufen, um die Grundversorgung mit sauberem Trinkwasser nicht zu gefährden. „Wasser ist ein Menschenrecht“ und dürfe nicht als Handelsware nach den Vorstellungen der WTO in neoliberaler Manier kommerziell ausgeschlachtet werden.

Wie fortgeschritten die Verflechtung von Politik und Kommerz bereits vor der drohenden Ratifizierung der GATS-Verträge 2005 sei: „Eine wichtige Sache, die alle verstehen sollten - es passiert in den USA und auf der ganzen Welt: Die Regierung selbst wird privatisiert!“ Deshalb sei es von grosser Bedeutung, im Medium der eigenen Sprache Klarheit zu bewahren. Die sogenannte PPP (Private-Public-Partnership) sei nichts anderes als "kommerzieller Diebstahl".


Nicht verstanden oder absichtlich lächerlich gemacht

Replik von Regina Schwarz auf den Artikel 'Ein bisschen Spaß muss wohl sein' in der
'taz Köln' vom 29.1.2004

Am 29.01.04 erschien in der Taz der Artikel „Ein bisschen Spaß muss wohl sein“ von der Journalistin Susanne Gannott. Sie kommentierte hierin eine Veranstaltung, die am 27.01.04 im Kölner Piccolo-Theater stattfand, die ich gemeinsam mit Anneliese Fikentscher organisiert habe: „Das Weltsozialforum 2004 in Bombay und die Anti-Globalisierungsbewegung aus feministischer Perspektive“.

Grundsätzlich bin ich für öffentliche Kritik und andere Meinungen bei öffentlichen Veranstaltungen aufgeschlossen. Was mir an ihrem Artikel nicht gefallen hat, war der meiner Meinung nach überhebliche und ironische Stil, mit dem sie die Veranstaltung kommentiert hat. Obwohl das vielleicht heutzutage en vogue ist, empfinde ich eine direkte Vermischung von Bericht und Kommentar nicht als guten Journalismus.

Wogegen ich mich allerdings total verwehre ist, dass es weder Anneliese Fikentscher als Moderatorin, noch Jean Grossholtz, noch mir als Veranstalterin darum ging, Ausschwitz, die SS oder Konzentrationslager zu verharmlosen oder zu relativieren.

Meiner Meinung nach hat sie das eigentliche Motiv der Veranstaltung, einen aktuellen Einblick in die Widerstandsbewegung gegen menschen- und naturverachtende neoliberale Wirtschaftspolitik aus der Perspektive einer langjährigen Aktivistin zu geben, sowie die Auswirkungen der aktuellen Repression der Widerstandsbewegung in den USA zu diskutieren, entweder nicht verstanden oder absichtlich irgendwie lächerlich dargestellt. Ich persönlich nehme ihr aufgrund des Gesamtstils dieses Artikels allerdings auch nicht ab, dass es ihr darum geht, sich für die Nazi-Opfer in Ausschwitz, in anderen Konzentrationslagern oder von SS-Praktiken zu engagieren.

Sonst würde ich mir z.B. einmal einen Artikel mit einer genauen Recherche wünschen, von welchen Konzernen bis heute noch die Entschädigungen an Überlebende oder Nachkommen von Ermordeten ausstehen. Ich würde auch gerne wissen, wie viele Menschen aus welchen Ländern oder von welchen nationalen Minderheiten dies insgesamt waren und was für ein Vermögen sie damals für die einzelnen Konzerne erwirtschaftet haben. Wichtig wäre mir dabei, dass dieses Wissen nicht in irgendwelchen Spezialaufsätzen von der Öffentlichkeit ferngehalten wird, sondern jährlich zum Ausschwitzgedenktag mit dem neuestem Stand der Entschädigungszahlungen in detaillierter aber verständlicher Form in bürgerlichen Tageszeitungen wie der taz veröffentlicht würde. Vielleicht kann man an diesem Wunsch erkennen, dass ich sehr ernsthaft daran interessiert bin, die Opfer der Nazizeit nicht zu relativieren und mir wünsche, dass für diese Recherche und Berichterstattung soviel Gelder wie nötig zur Verfügung gestellt werden sollten.

Ich wäre sehr dafür, dass diese Konzerne und deren Tochtergesellschaften oder sonstigen Übernahmegesellschaften auch zu dem im Vergleich lächerlichen Preis, dass es „unserer“ Wirtschaft dadurch etwas schlechter gehen sollte, jedes Opfer entschädigen müssten.


Ein miserables Publikum

Aber ein hervorragender Artikel über eine Veranstaltung mit Jean Grossholtz - Anmerkungen von Andreas Neumann zu einem Artikel in der
'taz Köln' vom 29.1.2004

Es ist Dienstag, der 27. Januar 2004, als im Kölner Frauentheater Piccolo die Veranstaltung mit der US-amerikanischen Professorin Dr. Jean Grossholtz über das Weltsozialforum und den Neoliberalismus stattfindet. Und es ist die Autorin eines Artikels in der Kölner 'taz' vom 29.1.2004, die diese Veranstaltung richtig zu bewerten weiß:
  • Das Publikum ist zu dumm zu erkennen, daß es vollkommen abwegig ist, ausgerechnet am Tag des Gedenkens an die Auschwitz-Opfer auch der Opfer des Neoliberalismus zu gedenken.


  • Das Publikum ist zu dumm zu erkennen, daß das von den USA auf Kuba betriebene Folter-Lager Guantanamo nicht als KZ bezeichnet werden kann, weil Äußerungen, die heutige Zustände mit denen der NS-Zeit in Beziehung zu bringen, nicht dem Bestreben entspringen, aus der Geschichte zu lernen, sondern von einer Geisteshaltung zeugen, die unter deutschen Linken wieder en vogue, aber tatsächlich vollkommen unzuläßig sind.


  • Jean Grossholtz und ihr Publikum sind zu dumm zu erkennen, daß die weltweit bekannte indische Schriftstellerin Arundhati Roy, auch wenn sie sich zu Gewaltfreiheit bekennt, tatsächlich zu Gewalt und Terrorismus aufruft.


  • Jean Grossholtz ist zu dumm für eine 'tiefsinnige Analyse der Kriegsursachen und aktuellen Entwicklungen im Irak', und das Publikum so engstirnig, eine solche Analyse auch gar nicht zu wollen.


  • Das Publikum ist zu dumm zu erkennen, daß die 'Privatisierung der Regierungen', von der Jean Grossholtz spricht, längst in den bürgerlichen Medien Thema ist.


  • Das Publikum ist zu dumm zu erkennen, daß das, was es als Anregung zu kreativen Formen des Widerstands durch eine lebhafte 75-jährige Frau empfindet, tatsächlich ein erbärmlicher Akt 'gegenseitiger Selbstvergewisserung' ist.


  • Das begeisterte Publikum ist zu dumm zu erkennen, daß es den 'teilweise sehr einfach gestrickten Thesen' der Jean Grossholtz auf den Leim gegangen ist.
Dank 'taz' wird die Leserschaft vor der Dummheit dieser Welt bewahrt. Wenn derart über eine Veranstaltung geschrieben wird, dann muß diese Veranstaltung in der Tat ganz hervorragend gewesen sein. Dann hat sie genau die entscheidenden Punkte getroffen. Dann hat sie genau die Erkenntnisse vermittelt, die zum Erkennen des Charakters des Neoliberalismus entscheidend sind. Dann hat sie in nicht unerheblichem Maße zum Widerstand gegen den Neoliberalismus und seine Betreiber mobilisiert. Dann hat sie genau das geleistet, was die Betreiber des Neoliberalismus verhindert sehen wollen.

Noch funktioniert das System. Die 'taz' weiß, was von ihr verlangt ist. Und auch die Autorin des Artikels weiß, was von ihr gefordert ist. Sie weiß, was sie schreiben muß, um ein weiteres Mal schreiben zu können. So beweist die 'taz' zweierlei: sie ist das, wovon Arundhati Roy auf dem Weltsozialforum bezogen auf die Medienkonzerne spricht: Teil des neoliberalen Projekts. Und: die Veranstaltung mit Jean Grossholtz im Kölner Piccolo-Theater könnte kaum besser gelaufen sein. Wären die Reaktionen anders, hätten Jean Grossholtz und die Organisatoren der Veranstaltung etwas falsch gemacht.


Eine Art Publikumsbeschimpfung

Leserbrief von Andreas Neumann in der 'taz Köln' vom 9.2.2004 zum Artikel 'Ein bisschen Spaß muss wohl sein' in der
'taz Köln' vom 29.1.2004

Am 27. Januar war im Kölner Piccolo-Theater die US-amerikanische Professorin Dr. Jean Grossholtz zu Gast. Ihr Hauptanliegen war es, zum weltweiten Widerstand gegen die neoliberale Politik der multinationalen Konzerne beizutragen. Der Artikel von Susanne Gannott transportiert dies nicht. Er gerät eher zu einer Art Publikumsbeschimpfung.

Schon in der Überschrift ist von "teilweise sehr einfach gestrickten Thesen" die Rede, die bei den begeisterten Zuschauern auf positive Resonanz gestoßen seien. Die motivierende Kraft der Jean Grossholtz wird zu einem Akt "gegenseitiger Selbstvergewisserung" herabgewürdigt. Die weltweit bekannte, sich zu Gewaltfreiheit bekennende, indische Schriftstellerin Arundhati Roy wird in die Nähe von Gewalt und Terrorismus gerückt. Zwischen den Zeilen lesen wir, Jean Grossholtz und ihr Publikum seien nicht in der Lage, dies zu erkennen. Und am Schluss wird der Moderatorin unterstellt, sie habe dazu aufgerufen, am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung statt der Opfer des Nationalsozialismus derer des Neoliberalismus zu gedenken. Tatsächlich ging es ihr um ein gleichberechtigtes Nebeneinander der Beschäftigung mit Geschichte und Gegenwart.

Warum richtet sich der Artikel in erster Linie gegen das Publikum, die Referentin und die Moderatorin? Arundhati Roy warf auf dem Weltsozialforum den Medienkonzernen vor, sie seien tragender Teil des neoliberalen Projekts. Die taz sollte sich als ein deutlicher Gegenpol dazu verstehen.

Quelle: http://www.taz.de