Berlin, 19.6.2004, Auftaktkonferenz des Internationalen Tribunals über die Aggression gegen den IrakBilder

IRAK-Hearing in Berlin

zur Vorbereitung eines Internationalen Tribunals der Völker über die Aggression gegen den Irak - am 19. Juni 2004 von 9 bis 18 Uhr - in der Humboldt-Uni (Audimax), Unter den Linden 6

ITI - Initiative Internationales Tribunal der Völker über die Aggression gegen den Irak

In mehreren Ländern der Welt, so in Japan, der Türkei, England, Belgien und der Ukraine, fanden bereits Anhörungen zu einem Internationalen Tribunal der Völker über die Aggression gegen den Irak statt. Im Dezember 2003 gründete sich in Kassel eine bundesweite Initiative für einen deutschen Beitrag zum Tribunal. Er wird jetzt realisiert in Form eines Hearings mit internationaler Beteiligung am 19. Juni 2004 in Berlin.

Ziel des Tribunals ist es, mit den Methoden eines Gerichtsverfahrens die Vorgeschichte des Irak-Krieges einschließlich des UN-Embargos, die Kriegsbegründungen, die Vorgehensweisen im Krieg und danach die Maßnahmen der Besatzungsmacht zu untersuchen. Die Anhörungen auf nationaler Ebene dienen der Erhebung gerichtsverwertbarer Beweise. Ihre Ergebnisse sollen in dem Internationalen Tribunal, das wahrscheinlich im Jahre 2005 in Madrid oder London stattfindet, zusammengeführt werden, wo sie die Grundlage für eine öffentliche Anklage gegen die Verantwortlichen bilden werden. Mit der Dokumentation gut recherchierter Fakten und ihrer völkerrechtlichen Beurteilung auf nationaler wie auf internationaler Ebene wollen die Initiativen für das Internationale Tribunal angesichts weit verbreiteter Verharmlosung des Krieges und seiner Folgen eine Gegenöffentlichkeit schaffen.

Programm des Hearings

9:00 Uhr - 9:30 Uhr: Begrüßung und Einleitung
Eröffnung Jitendra Sharma, IADL-Präsident, Indien
Vorstellung der Tribunalidee
Themenumfang, völkerrechtliche Grundlagen, Geschichte der Russel-Tribunale und der nachfolgenden - Prof. Wolfgang Richter

Panel I: 9:30 Uhr - 11:00 Uhr:
  • Prof. Dr. Norman Paech:
    Der Angriffs-Krieg als Verbrechen - Der Irak-Krieg und das internationale Recht - Bedrohungslügen, "Präventivkriegsdoktrin und die Doktrin der "humanitäre Intervention"
  • Prof. Dr. Norman Paech:
    Bedrohungslügen, "Präventivkriegsdoktrin und die Doktrin der "humanitäre Intervention"
  • Dr. Hans v. Sponeck (mußte kurzfristig absagen):
    Der Krieg vor dem Krieg - Die Irakpolitik der USA in den 90er Jahren: Sanktionen, Embargo, Flugverbotszonen, Bombardements etc. und die Mitverantwortung von UNO, Deutschland und anderer Verbündeter der USA
  • Prof. Lennox Hinds (Internat. Association of Democratic Lawyers):
    "Conspiracy and Crimes against Peace" - Die Verschwörung zum Angriffskrieg und das Verbrechen gegen den Frieden
  • Prof. Gregor Schirmer:
    Rolle der Bundesrepublik Deutschland - Überflugrechte, Einbeziehung der in Deutschland befindlichen US-Basen. Einsatz von Bundeswehrsoldaten auf Awacs-Flugzeugen in der Kriegsregion und in US-Kasernen in Deutschland.
Panel II 11.00 Uhr – 12.00 Uhr:
Anhörungen in anderen Ländern
  • Londoner Hearing über die Illegalität des Krieges und Verbrechen im Krieg:
    Prof. Bill Bowring
  • Tribunale in Japan über die Kriege gegen Afghanistan und Irak:
    Prof. Osamu Niikura (mußte aufgrund der verspätung seines Fluges ausfallen)
  • Tribunal Kiew/Moskau:
    Prof. Michail Kusnezow
  • Brüsseler Hearing über die US-Globalstrategie:
    Prof. François Houtart, Priester und Soziologe Direktor des Tricontinental Center
  • Über das World Tribunal on Iraq WTI allgemein:
    Maral Jefroudi (Türkei)
Mittagspause 12.00 Uhr-13.00 Uhr

Panel III: 13.00 Uhr – 15.30 Uhr:
Ermittlungen über Verbrechen im Krieg und unter Besatzung - Irakische Opfer, Augenzeugen, Dokumente, Sachverständige
  • Rainer Rupp
    über die Systematik der Folter, sowie Pentagon- und CNN-Video über Tötung verwundeter Iraker
  • Prof. Walter Sommerfeld
    über Plünderungen, Brandschatzungen unter den Augen der Besatzungstruppen, teils mit ihrer Mithilfe
  • Haifa Zangana
    irakische Schriftstellerin, Frauenrechtlerin über die Situation der Frauen unter Besatzung
  • Prof. Hussain Al-Saadi
    Biologe (Ökologie und Umweltverschmutzung) an der Universität von Bagdad
  • Dr. Geert Van Moorter
    Medicine for the Third World, über Opfer unter der Zivilbevölkerung und den Zustand des Gesundheitssystems unter der Besatzung
Projektgruppen: 15.30 Uhr – 17.30 Uhr:

1. Situation unter Besatzung,
Verletzung der Aufgaben der Besatzer, Ordnung und Sicherheit sowie den Zugang zur Grundversorgung zu gewährleisten bzw. wiederherzustellen
[u.a. mit Jürgen Hahnel und Reinhold Wassmann - Moderation Laura v. Wimmersberg]

2. Einsatz von geächteten Waffen, Umweltschäden
Anwendung von Waffen, deren Gebrauch durch Genfer Konvention und humanitäres Gewohnheitsrecht als verboten zu betrachten ist (z.B. Streubomben, Uranmunition, Napalm, Vakuumbomben etc.)
[u.a. mit Angelika Claussen (IPPNW), Marion Küpker (GAAA) ]

3. Besatzungsherrschaft, wirtschaftliche Maßnahmen
Überblick über die weitreichende Eingriffe in das irakische Gesellschaftssystem, Ausverkauf, Privatisierung und langfristige Besetzung (Verstöße gegen Haager Landkriegsordnung ...)
[u.a. mit Dr. Aziz Alkazaz, Joachim Guilliard, Sylvia Weiß (Attac) - Moderation Barbara Fuchs (Attac)]

4. Deutsche Kriegsbeteiligung
Welches Ausmaß hat die (indirekte) Unterstützung des Irak-Kriegs und ?Besatzung , wie kriegswichtig war und ist sie, wie ist dies verfassungs- und völkerrechtlich zu bewerten.
[u.a. Claus Schreer (ISW München), Tobias Pflüger (IMI Tübingen) - Moderation Gert Julius]

5. Internationale Tribunalbewegung
Berichte von Hearings, Stand der Vorbereitung in anderen Ländern, Zusammenarbeit, Arbeitsteilung ... (Diskussion in deutsch und englischer Sprache)
[u.a. mit Eberhard Schultz, Lennox Hinds, Jitendra Sharma, Fabio Marcelli (Rom), Michail Kusnezow (Moskau) - Moderation Verena Grundmann]

Referenten und Moderatoren
  • Prof. Dr. Hussain A.N. Al-Saadi
    Department of Biology, College of Science for Women, University of Bagdad. Er studierte u.a. in den USA und Rostock. Er veröffentlichte mehr als 160 Schriften in Englisch in verschiedenen wissenschaftl. Zeitschriften sowie 15 Bücher auf arabisch über sein Spezialgebiet Ökologie und Umweltverschmutzung. Er war u.a. auch Dekan, Vizepräsident and Präsident der Universität.
  • Prof. Bill Bowring
    Jurist, London Metropolitan University, Mitglied der Jury des Londoner "Hearings über Kriegsverbrechen der Koalitionsstreitkräfte im Irak-Krieg 2003".
  • Prof. Lennox Hinds
    Vizepräsident der Internat. Association of Democratic Lawyers (IADL) und seit 25 Jahren deren ständiger Vertreter bei der UNO und führender Strafverteidiger beim Internationalen Kriegsverbrechertribunal für Ruanda.
  • François Houtart
    katholischer Priester, Prof. der Soziologie, an der kath. Universität in Leuven, Belgien, Director des Tricontinental Center (CETRI) und der Zeitschrift "Alternatives Sud". François Houtart is one of the most active collaborators of the World Social Forum of Porto Allegre ( www.brusselstribunal.org )
  • Prof. Michail Kusnezow
    Rechtsanwalt, Völkerrechtler, Moskau.
  • Geert Van Moorter
    ist Arzt und in der belgischen Organisation Medicine for the Third World aktiv. Er war während der Bombardierungen im März/April 2003 und auch mehrfach danach in Bagdad. Er filmte u.a. die ersten Bomben, die auf Bagdad fielen und am folgenden Tag die zerstörten zivilen Häuser (Das Video ist zu sehen unter www.informationclearinghouse.info )
    Eine ganze Reihe seiner Videos sind im "Evidence File" für das angestrebte Strafverfahren gegen US-General Tommy Franks wegen Kriegsverbrechen vor einem belgischen Gericht enthalten und unter www.informationclearinghouse.info www.jungewelt.de zu betrachten (s.a. junge Welt vom 19.5.2003 )
  • Prof. Osamu Niikura
    von den japanischen Tribunalen über Afghanistan und Irak
  • Norman Paech
    ist Professor für öffentliches Recht an der Hochschule für Wirtschaft und Polititk in Hamburg. Verfasser vieler Beiträge und Gutachten in Bücher und Zeitschriften u.a. zu Fragen des Verfassungs- und Völkerrechts, der politischen Justiz, Menschenrechte und internationalen Beziehungen des Mittleren Ostens. Aktuelle Beiträge von ihm finden sich u.a. in U. Albrecht, P. Schäfer (Hrsg.), Der Kosovo-Krieg (PapyRossa, 1999) und Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen (VSA-Verlag, 2003)
  • Prof. Wolfgang Richter
    Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM) und Europäisches Friedensforum, einer der maßgeblichen Organisationen des europ. Tribunals über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien
  • Rainer Rupp
    Journalist, Autor, NATO-Experte
  • Haifa Sangana
    Irak /London: Autorin and Frauenrechtlerin, wuchs auf zwischem dem Bagdad ihrer Mutter und dem Kurdistan ihres Vaters. Sie wurde Anfang der 1970er Jahre inhaftiert und ging nach ihrer Entlassung ins Exil.
  • Prof. Gregor Schirmer
    Experte für Staats- und Völkerrecht, Berlin
  • Jitendra Sharma
    Indien Präsident der Internat. Association of Democratic Lawyers (IADL)
  • Walter Sommerfeld
    ist Professor für Altorientalistik an der Universität Marburg und Verfasser vieler Publikationen über die Geschichte der frühen Hochkulturen Mesopotamiens. Er bereist den Irak seit 20 Jahren und ist Vorsitzender der Deutsch-Irakischen Gesellschaft. Als einer der ersten deutschen Wissenschaftler besuchte er den Irak nach dem Krieg, um sich vor Ort ein Bild von den Zerstörungen zu machen.
  • Hans C. von Sponeck
    war von 1968 bis 2000 für die Vereinten Nationen tätig. Zunächst arbeitete er für das Entwicklungsprogramm der UNO in Ghana, New York, Pakistan und der Türkei und schließlich als Koordinator der UN-Programme in Botswana, Pakistan und Indien. Ab Herbst 1998 übernahm er die Nachfolge von Denis Halliday als Leiter des Öl-für-Nahrungsmittel Programms der Vereinten Nationen im Irak. Wie sein Vorgänger trat er im März 2000 von diesem Posten aus Protest gegen die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrates zurück. Im Januar 2003 erschien von ihm und Andreas Zumach bei KiWi Irak. Chronik eines gewollten Krieges.
Moderatoren und Referenten der Impulsreferate in den Projektgruppen:
  • Dr. Aziz Alkazaz, Vorsitzender der irak. Gemeinde Deutschlands, Wissenschaftler am Deutschen Orientinstitut in Hamburg
  • Angelika Claussen, stellvertretende Vorsitzende der deutschen Sektion der IPPNW
  • Rüdiger Göbel, Journalist, Stellv. Chefredakteur der Tageszeitung junge Welt, Mitautor und –Herausgeber mehrerer Bücher zum Irak
  • Verena Grundman, Juristin
  • Joachim Guilliard, u.a. Mitautor und Herausgeber von "Der Irak – Krieg, Besatzung Widerstand", PapyRossa, 2004
  • Gert Julius, Geschäftsführer der Gesellschaft für Bürgerrecht und Menschenwürde GBM
  • Marion Küpker, Gewaltfreie Aktion Atomwaffen Abschaffen GAAA, Organisatorin der Uranwaffenkonferenz in Hamburg
  • Tobias Pflüger, Politikwissenschaftler, Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung und wissenschaftl. Beirat von Attac
  • Dr. Elmar Schmähling, Flottillenadmiral a.D., GBM, Europäisches Friedensforum, Mitorganisator des Tribunals über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien
  • Claus Schreer, Mitarbeiter des isw - institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung, Sprecher des "Bündnis München gegen Krieg" und Mitorganisator des Münchner Hearings "Der Irak-Krieg und die Folgen" vom Dezember 2003
  • Eberhard Schultz, Rechtsanwalt, Internationale Liga für Menschenrechte, Republikanischer Anwaltsverein
  • Sylvia Weiß, Attac AG Globalisierung und Krieg, Friedensinitiative Bayreuth
  • Laura v. Wimmersberg, Friedenskoordination Berlin
Pressesprecher des Hearings ist der Journalist und Herausgeber von „Ossietzky", Eckart Spoo, Berlin.

Veranstalter:
  • Internat. Association of Democratic Lawyers (IADL)
  • Bundesausschuss Friedensratschlag
  • Int. Liga für Menschenrechte
  • Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V.
  • Europäisches Friedensforum
  • Attac
  • kritische juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • DGB-Jugend
Unterstützt wurde das Hearing u.a. von:
  • Aktion Selbstbesteuerung
  • Bambergerger BürgerInnen für den Frieden
  • Forum Informatiker für den Frieden (FIFF e.V)
  • Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V.
  • Friedensinitiative Überlingen/Bodensee
  • Gesellschaft für internationale Verständigung (GIV)
  • Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V.
  • Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg
  • Initiative für Globale Gleichheit
  • IPPNW Deutschland
  • Kommunistische Plattform Friedrich Engels
  • Kultur des Friedens, Tübingen
  • PädagogInnen für den Frieden
  • Pax An - Friedensinitiative Köln
  • PDS
  • Republikanischer Anwaltverein
  • Thüringer Friedenskoordination
  • Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.
  • Zentrum für Friedenskultur Siegen
Quelle: www.iraktribunal.de


"Wer einfach zur Tagesordnung übergeht, kapituliert vor den nächsten Kriegen"

Irak-Tribunal: Die Kriegsverbrechen müssen verfolgt werden - Abschlußerklärung des Berliner Hearings vom 19.6.2004

Die deutsche Auftaktkonferenz für ein internationales Tribunal über den Krieg der USA, Großbritanniens und anderer Verbündeten gegen den Irak am 19. Juni 2004 in Berlin hat ergeben: Eine weitere Untersuchung und Verfolgung der auf der Anhörung vorgebrachten Anschuldigungen schwerer Verstöße gegen internationales Recht im Krieg und bei der nachfolgenden, faktisch noch andauernden Besatzung ist dringend notwendig.

Nach der Anhörung von internationalen Augenzeugen aus dem Irak, von Sachverständigen und von Völkerrechtsexperten sind wir, die Veranstalter, davon überzeugt: US-Präsident George W. Bush, der britische Premierminister Tony Blair, führende beteiligte Militärs und andere politisch und militärisch Verantwortliche müssen für Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschheit und schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht zur Verantwortung gezogen werden.

Gleiches gilt hinsichtlich der Ausübung der Besatzungsherrschaft, bei der fortgesetzt gegen die Genfer Konvention verstoßen wird: u.a. durch die unzureichende Versorgung und fehlende Sicherheit für die Bevölkerung, die willkürliche Anwendung von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, die unrechtmäßige Festnahme von Zivilisten, Misshandlungen und Folter, die wirtschaftliche Ausplünderung, ökologische Zerstörung und soziale Verwüstung des Landes.

Die Invasion des Iraks war der Endpunkt eines langen Krieges, der durch Belagerung und Bombenangriffe aus der Luft die Lebensgrundlagen von 22 Millionen Menschen bereits zuvor systematisch geschädigt hatte. Das mörderische Sanktionsregime, das für den Tod von mehr als eineinhalb Millionen Menschen verantwortlich gemacht wird, wirft gemäß UN-Menschenrechtskommission sogar „Fragen in bezug auf die Völkermordkonvention" auf.

Nicht zuletzt sehen wir unsere Aufgabe auch darin, die Unterstützung der deutschen Regierung für den Irak-Krieg (u.a. durch die Bereitstellung seines Territoriums) zu untersuchen, die in der Anhörung als Verstoß gegen Grundgesetz und Völkerrecht bewertet wurde.

Die US-Regierung entzieht sich systematisch strafrechtlicher Verantwortung, u.a. durch ihre Obstruktionspolitik gegen den Internationalen Strafgerichtshof.

Da es keine offiziellen Institutionen gibt, die diese Verbrechen verfolgen, müssen Tribunale von unten organisiert werden – in vielen Länder wurde damit bereits begonnen.

Es wurde vereinbart, als Ergebnis vorbereitender Anhörungen zu den genannten Punkten in internationaler Zusammenarbeit eine Anklageschrift zu erarbeiten und die Beweise zu erheben. Die Tribunalbewegung, getragen von den weltweiten Friedens-, Menschenrechts- und globalisierungskritischen Bewegungen und mit dem moralischen Rückhalt der vielen Millionen, die sich letztes Jahr aktiv gegen den Irakkrieg engagierten, stützt sich dabei strikt auf geltendes Recht, u.a.: die Charta der Vereinten Nationen, die Charta des Internationalen Nürnberger Militärtribunals, die Resolution 3314 (1974) der Vollversammlung der Vereinten Nationen, die Genfer Konvention von 1949 und ihre Protokolle von 1977 und andere völkerrechtliche und nationale Vorschriften.

In Deutschland wird der Tribunalprozess fortgeführt, der in einem internationalen Tribunal münden soll. Wir unterstützen zudem alle nationalen und internationalen Initiativen, Anhörungen und Tribunale über diesen Krieg, um gemeinsam die Wahrheit über den Irak-Krieg zu enthüllen, seine Vorgeschichte, seinen Verlauf und seine z.T. sehr langfristigen Folgen. Wir sehen dies als wichtigen Beitrag dafür, allen Bestrebungen, entgegen allen Prinzipien des Völkerrechts und der UNO-Charta Krieg wieder als gängiges Mittel der Politik zu etablieren, entgegenzutreten und dem internationalen Recht wieder stärkeres Gewicht zu verschaffen.

Wir teilen die von den Experten vorgetragene Ansicht: Die neue Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats heilt die genannten Verstöße nicht. Die am 8. Juni 2004, auch mit der Stimme des deutschen Vertreters, vom UN-Sicherheitsrat angenommene Resolution 1546 schweigt zu den von den Invasoren begangenen Völkerrechtsverletzungen und billigt ihnen weiterhin die volle Kontrolle über das eroberte Land zu. Angesichts des Verbleibs der Besatzungstruppen unter US-Kommando ist die von der Besatzungsmacht eingesetzte Regierung keineswegs souverän und der irakischen Bevölkerung bleibt ihr Recht auf Selbstbestimmung verwehrt –die Besatzung dauert an.

Damit dem Unrecht nicht immer neues Unrecht hinzugefügt wird, fordern wir das sofortige Ende der Besatzung und den sofortigen Rückzug der Invasoren.

Quelle: www.iraktribunal.de


Vor internationalem Tribunal gegen Irak-Krieg

Interview mit Joachim Guilliard (Antikriegsforum Heidelberg), geführt von Markus Bernhardt in 'junge Welt' vom 16.6.2004

F: Sie veranstalten am Sonnabend in Vorbereitung auf ein »Internationales Tribunal der Völker« über den Irak-Krieg ein Hearing in Berlin. Was genau ist geplant?

In vielen Ländern wurde damit begonnen, im Rahmen einer internationalen Tribunalbewegung mittels öffentlicher Anhörungen die Aggression gegen den Irak aufzuarbeiten. Vorbild sind die Russell-Tribunale und das Tribunal über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien. Die Auftaktveranstaltung am Samstag soll einen Überblick über die Thematik geben. Es soll erstes Beweismaterial zusammengtragen werden, das in die Anklageschrift einfließen wird. An dem Hearing beteiligen sich Experten aus den USA, England, Japan, Indien und Rußland sowie Zeugen aus dem Irak. Auch die Mitverantwortung Deutschlands und der UNO wird thematisiert.

F: Wer sind Ihre Unterstützer?

Maßgebliche Verantwortung bei der Vorbereitung des Tribunals tragen Vertreter des Bundesausschusses Friedensratschlag, der Internationalen Liga für Menschenrechte und der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM). Unterstützt werden wir unter anderen vom Republikanischen Anwaltsverein, der Vereinigung Demokratischer JuristInnen, ATTAC, der IPPNW, den Kritischen JuristInnen an der Humboldt-Universität und der DGB-Jugend Berlin. Wichtiger internationaler Mitveranstalter ist die Internationale Vereinigung Demokratischer Juristen (IADL), die auch mehrere namhafte Referenten stellt.

F: Was versprechen Sie sich von einem Irak-Tribunal?

Die Nachrichten der vergangenen Wochen haben vielen vor Augen geführt, wie notwendig es noch immer ist, sich aktiv mit dem Thema zu beschäftigen – gerade weil es völlig offen ist, ob die USA ihre Ziele erreichen. Kritische internationale Öffentlichkeit kann dazu beitragen, den Handlungsspielraum der Bush-Regierung einzuengen.

F: Warum ein Tribunal und keine normale Arbeitskonferenz?

Das Führen eines Angriffskrieges ist ein schweres internationales Verbrechen. Im und nach dem Krieg wurden zahllose weitere Kriegsverbrechen verübt. Die jüngste Resolution des UN-Sicherheitsrats hat erneut gezeigt, daß auch die vermeintlich kriegskritischen Staaten Deutschland und Frankreich die Bestrebungen unterstützen, das Verbrecherische an Krieg und Besatzung vergessen zu machen. Nur so kann die fortgesetzte Besetzung als alternativloser Weg zur Stabilisierung und »Demokratisierung« des Irak legitimiert werden. Dem kann ein weltweites Tribunal »von unten« etwas entgegensetzen, indem mit den Methoden eines juristischen Prozesses die Wahrheit glaubwürdig ermittelt, dokumentiert und öffentlich gemacht wird. Wir dürfen es nicht den Siegern überlassen, die Geschichte der nun 14jährigen Aggression gegen den Irak zu schreiben.

* Irak-Hearing: 19. Juni, 9 bis 18 Uhr,
Humboldt-Universität Berlin (Audimax),
Unter den Linden 6.

Podiumsdiskussion »Ist der Widerstand der Iraker gegen die Besatzungsmächte legitim?« am 18. Juni, 19 Uhr im Haus der Demokratie, Greifswalder Str. 4.

Infos im Internet: www.iraktribunal.de

Quelle: www.jungewelt.de