Havanna/Kuba, Januar 2005, US-InteressenvertretungBilder

Kriminell

Erläuterungen zur Reportage von Jochen Vogler

Die Interessenvertretung der USA hat sich - nachdem durch die Bush-Regierung die Leitung Mr. Cason übertragen wurde - erklärtermaßen zum Ausgangspunkt subversiver Aktivitäten gegen Kuba entwickelt. Unter subversiven Aktivitäten sind schwere kriminelle Handlungen gegen den Staat Kuba zu verstehen, die mit hohen Summen aus dem US-amerikanischen Haushalt gefördert werden.

75 Kubaner waren im April 2003 in 29 Gerichtsverhandlungen, die in allen Provinzen Kubas durchgeführt wurden, unter anderem wegen Flugzeug- und Schiffsentführungen angeklagt und verurteilt. Die Strafen betrugen zwischen sechs und 28 Jahren.

Wegen dieser Urteile wurde Kuba internationaler Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Die Fotos zeigen die Interessenvertretung und die Umgebung dieses Gebäudes im Dezember 2004/Januar 2005. Die Zahl 75 am Zaun der Interessenvertretung weist auf die 75 Verurteilten hin.

Kuba kontert diesen Vorwurf mit Plakattafeln, die die international bekannten Folterfotos aus dem Gefängnis in Bagdad zeigen.


Die USA wollen Kuba zerstören

Informationen und Hintergründe von Cuba Sí zum Konflikt USA-Kuba, Mai 2004

1. Aus der Geschichte

In der ersten kubanischen Verfassung von 1902, in einem sogenannten Platt Amendment, wurde das Recht der USA auf Intervention in Kuba verankert, wenn es deren Interessen verlangen.

Am 23. Dezember 1958, wenige Tage vor dem Sieg der kubanischen Revolution am 1. Januar 1959, erklärte CIA-Chef Allen Dullas vor dem Nationalen Sicherheitsrat der USA: „Wir müssen den Sieg Castros verhindern“.

Am 17. Mai 1959 verkündet die kubanische Regierung das Gesetz zur Agrarreform. In diesem schreibt Kuba fest, ehemalige Besitzer mit zeitlich verschobenen, vernünftigen und realisierbaren Zahlungen zu entschädigen. Die USA-Regierung jedoch fordert eine sofortige, vollständige und in bar zu zahlende Entschädigung.

Am 24. Juni 1959 formuliert das US-Außenministerium als Reaktion auf die Agrarreform, dass umgehend eine sehr nachdrückliche Haltung gegen dieses Gesetz mittels wirtschaftlichem Druck einzunehmen ist.

Es wird die Aussetzung der kubanischen Zuckerquote auf dem US-Markt beschlossen. US-Außenminister Herter bezeichnete diese Maßnahmen ausdrücklich als Wirtschaftskrieg.

Am 6. April 1959 erklärte das US-Außenministerium: „Das voraussichtlich einzige Mittel zur Unterbindung der inneren Unterstützung ist Enttäuschung und Entmutigung als Folge von Unzufriedenheit und ökonomischen Schwierigkeiten. Es ist schnellstens jedes zur Schwächung der kubanischen Wirtschaft nur vorstellbare Mittel einzusetzen. Eine Aktionslinie stärkster Wirkung ist die Verweigerung von Geld und Lieferungen für Kuba, damit sinken die Reallöhne, um Hunger, Verzweiflung, und damit den Sturz der Regierung zu bewirken.“

Am 3. Januar 1960 brechen die USA die diplomatischen Beziehungen zu Kuba ab (am 14.1.61 die BRD).

Vom 13. bis 16. April 1961 erfolgt und scheitert die von US-Regierung und CIA unterstützte Söldnerinvasion von ultrarechten Exilkubanern in der Schweinebucht.

Im Januar 1962 wird Kuba auf Betreiben der USA aus der OAS ausgeschlossen.

Am 3. Februar 1962 verkündet der US-Präsident eine „umfassende Wirtschafts,- Handels- und Finanzblockade gegen Kuba“ sowie Reiseverbot für US-Bürger nach Kuba. Keine in den USA produzierte Aspirintablette darf nach Kuba ausgeführt und keine in Kuba produzierte Blume darf in die USA eingeführt werden.

Die Blockadepolitik der USA wird seit dem begleitet von politischen, diplomatischen und propagandistischen Aktivitäten (US-Rundfunkstationen senden täglich über 1000 Stunden nach Kuba), Spionage, Subversion, Sabotage, biologischer Kriegsführung, Organisierung und Unterstützung bewaffneter Banden. Es gab über 600 Pläne und Versuche, Fidel Castro zu ermorden.

Am 6.10.76 explodierte ein Zivilflugzeug der kubanischen Fluggesellschaft Cubana de Aviación. Alle 76 kubanischen Insassen kamen ums Leben. Hauptattentäter war der CIA-Agent Posada Carilles. 1997gab es in mehreren Hotels von Havanna Bombenattentate. Ein italienischer Tourist wurde dabei getötet. Orlando Bosch, einer der Drahtzieher dieser Attentate, lebt heute frei in Miami. Ein weiterer, Otto Reich, ist beauftragter der Bush-Regierung für Lateinamerika, tief verstrickt in der Iran-Contra-Affäre und Strippenzieher beim Putsch gegen den venezolanischen Präsidenten Chavéz. Sie alle agieren in den Terrororganisationen Cuban-America-National-Foundation (CANF) bzw. Cuban Freedom Council (CFC).

1992 verschärfen die USA ihre Blockademaßnahmen gegen Kuba durch das Toricelli-Gesetz.

1996 tritt das Helms-Burton-Gesetz in Kraft. Es handelt sich um eine weitere Verschärfung von Blockademaßnahmen gegen Kuba. Kubas „Übergang zur Demokratie“ sowie Sanktionen gegen Drittländer werden u.a. detailliert festgelegt.

Ein Plan, der Ähnlichkeiten mit dem hat, wie im Irak die Besatzung organisiert wird.

Mitautor ist Roger Noriega, Staatssekretär für Angelegenheiten der Westlichen Hemisphäre, welcher am 6. Mai 2004 den neuen 500-seitigen Maßnahmeplan der „Regierungskommission zur Unterstützung eines freien Kuba“ vorstellte.

Durch die letztlich entscheidenden Stimmen von Exilkubanern im Wahlkreis seines Bruders Jeb Bush, wurde 2000 W. Bush durch Wahlmanipulation zum Präsidenten der USA gemacht. Auf diese Stimmen und deren Gelder sind die beiden Präsidentschaftskandidaten auch bei den Wahlen 2004 angewiesen. In der Bush-Administration bekleiden 20 rechtsextreme Exilkubaner-innen leitende Regierungsposten, bis zum Minister.

Nach dem 11. September 2002 nannte Bush Kuba im Zusammenhang mit seinem „Feldzug gegen den Terror“

3478 Kubaner-innen wurden durch die Terrorpolitik der USA getötet, 2099 Invaliden sind zu beklagen.

Der ökonomische Gesamtschaden der US-Blockade für Kuba beläuft sich auf über 75 Milliarden US-Dollar.

2002 wird James Cason Leiter der US-Interessenvertretung in Havanna. Sein Ziel sei es, so Cason bei seiner Antrittsrede, den „Prozess zu einem demokratischen Kuba“ zu beschleunigen.

Er stellt Regierungsgegnern die Räume der US-Vertretung in Havanna zur Verfügung, versorgt sie mit Geld und Technik., reist durch Kubas Provinzen, um oppositionelle Gruppen zu formieren, sabotiert anbahnende Geschäftsbeziehungen Dritter mit Kuba etc.

Im März/April 2003 führten diese Aktivitäten, sowie von der kubanischen Regierung aufgedeckte Pläne zur Vorbereitung einer militärischen US-Intervention (es sollte eine Seeblockade herbeigeführt werden, 29 Pläne von Flugzeug- und Schiffsentführungen wurden aufgedeckt, die zu diesem Ziel führen sollten), zu drastischen Strafmaßnahmen der kubanischen Regierung.

75 Regierungsgegner wurden zu Haftstrafen bis 25 Jahren verurteilt, 3 Schiffsentführer wurden exekutiert, nachdem die Vollstreckung der Todesstrafe 2000 von der kubanischen Regierung ausgesetzt worden war.

Karin Ceballos Betancur schrieb dazu in der Frankfurter Rundschau, dass die Todesstrafe unter keinen Umständen zu rechtfertigen sei. „Wer aber die Umstände ignoriert, kann nie der Wirklichkeit gerecht werden, die das Unrecht bedingt.“

Mit dem Beginn des Irak-Krieges kam es in Florida zu Pro-Kriegs-Demonstrationen rechtsextremer Exilkubaner die „ Cuba next“ forderten. Otto Reich forderte, dass nach dem Irak Kuba ins Visier zu nehmen sei. Jeb Bush meinte „Jetzt müssen wir uns in der Nachbarschaft umsehen“. Am 20. Mai 2003 rief der US-Präsident im Beisein von Exilkubanern offen zum Sturz Fidel Castros auf.

2. Die neue Qualität des 500seiten Papiers der US-Regierung

Anfang 2003 gründet Bush persönlich die „Kommission zur Unterstützung eines freien Kuba“.

Die offizielle konstituierende Versammlung fand am 5. Dezember 2003 mit der Aufgabe statt, einen „Bericht mit Empfehlungen für die Ausarbeitung eines umfangreichen Programms zur Unterstützung des kubanischen Volkes“ bis Mai 2004 vorzulegen.

Bush betonte bei der Vorstellung am 6. Mai, dass ein zentrales Ziel der US-Politik darin bestünde, durch die in dem Papier festgelegten Maßnahmen „schneller den Tag herbeizuführen, an dem Kuba ein freies Land ist“.

Es handelt sich keinesfalls um leere Drohungen sondern um einen Katalog von detaillierten aggressiven Handlungen gegen Kuba, die weit über Restriktionen von Geldüberweisungen oder Besuchserlaubnisse nach Kuba hinausgehen.

Allein 59 Millionen US-Dollar werden für die kommenden zwei Jahre für subversive Handlungen gegen Kuba geplant:
  • Schaffung eines Fonds für die Entwicklung der „Zivilgesellschaft“ in Kuba, u.a. mittels Anwerbung „freiwilligen Personals“ aus Drittstaaten.
  • Stipendienprogramme für ausgewählte Kubaner an Universitäten der USA und Lateinamerikas.
  • Finanzierung des Programms „Pro Demokratie für Jugendliche, Frauen und Kubaner afrikanischen Ursprungs“.
  • Einsatz eines Spezialflugzeuges C-130 über dem kubanischen Luftraum für Radio- und Fernsehübertragungen.
  • Internationale Konferenzen zur „Propagierung der US-Politik zu Kuba“.
  • Intensivierung antikubanischer Kampagnen zur Anprangerung von „Spionage gegen andere Länder“ sowie „subversive Handlungen gegen demokratisch gewählte -lateinamerikanische Regierungen“, die angeblich von Kuba durchgeführt werden.
  • „Verdeckte Operationen“ gegen Personen, die aus den USA Geld nach Kuba überweisen.
  • Durchführung einer Studie zu Titel III des Helms-Burton-Gesetzes. Titel III ermächtigt US- Gerichte, gegen Unternehmen aus Drittländern juristisch vorzugehen, die mit Kuba Geschäftskontakte unterhalten.
  • Verbot der Ausstellung von Einreisevisa in die USA für Personen aus Unternehmen, die in Kuba investieren.
  • „Neutralisierung“ kubanischer Unternehmen, die in geschäftlichen Verbindungen mit ausländischen Unternehmen stehen.
  • Einbeziehung von Regierungen dritter Länder für Kampagnen gegen Kuba.
  • Aktionen in dritten Ländern, um demotivierend gegen Touristenreisen nach Kuba zu wirken.
  • Im State Department wird eine Koordinierungsstelle für den Übergang in Kuba geschaffen, die sich mit der Kontrolle der Anwendung aller festgelegten Maßnahmen beschäftigt.
  • u.a.m.
In 5 Kapiteln beschäftigt sich das Papier mit Maßnahmen zur Umgestaltung Kubas nach dem Sturz des „Regimes“. Das reicht bis zur hirnrissigen Festlegung, kubanische Kinder mit den wichtigsten Impfungen zu versehen.

Zwei Kapitel des Papiers unterliegen weiterhin der Geheimhaltung!

Der aktuellen lateinamerikanischen und US-amerikanischen Presse sind zahlreiche ablehnende Meinungen zu dem US-Papier zu entnehmen. Auch unter den in den USA lebenden Kubanern wächst der Unmut.

Viele von ihnen erwarten mit Spannung die III. Konferenz über Nation und Emigration vom 21. bis 23.5.04 in Havanna, bzw. planen daran teilzunehmen. Diese Konferenz war bisher eine wichtige Möglichkeit für kubanischen Bürger im Ausland, direkt mit Regierungsvertretern Kubas über ihre Probleme zu diskutieren.

Jetzt besteht die Gefahr, dass die in den USA lebenden Kubaner keine Ausreisegenehmigung von den US-Behörden erhalten.

Prensa Latina informierte in diesem Zusammenhang, dass Kuba, wie seit langem angekündigt, ab 1. Juni 2004 für im Ausland lebende Kubaner mit gültigem kubanischen Pass die Visumspflicht für Einreisen nach Kuba abschafft.

3. Schlussanmerkungen

Noam Chomsky wird in La Jornada vom 9. Mai 2004 folgendermaßen zitiert:

„Die Regierung von George W. Bush intensiviert ihre rhetorische Aggression gegen Kuba und zieht Mexiko in diese Dynamik mit hinein. Dass dies gerade zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt, liegt daran, dass ihre Okkupation des Irak am Scheitern und die generelle Lage im Mittleren Osten am Explodieren ist. Aus diesem Grund braucht sie eine neue Zielscheibe.“ Er meint weiter, dass die Regierenden der USA jetzt „den Verstand verloren haben“, das Thema Kuba sei leicht zu manipulieren.

Wir von Cuba Si bezeichnen das US-Papier als Terrorkatalog!

Beunruhigend, gefährlich und beschämend ist die Doppelmoral, mit der sich europäische Regierungen (die deutsche eingeschlossen), die EU und fast alle Medien einerseits zur US-Politik und andererseits zu Kuba verhalten.

Es wird daher Zeit, dass sich die europäische Linke und die Antikriegsbewegung diesem Thema annimmt!

Quelle: www.cuba-si.de