Köln, 15.1.2005 - Trauerfeier für den verstorbenen Bankier Alfred Freiherr von Oppenheim im Kölner DomBilder

Reichtum inkognito

Evangelische Trauerfeier für den Privatbankier Alfred Freiherr von Oppenheim am 15. Januar im Kölner Dom

Während die Armut sozusagen auf der Straße liegt, bleibt der ursächliche Zusammenhang zwischen Armut und Reichtum weiterhin als Tabu im Verborgenen (Werner Rügemer: arm und reich, transcript-verlag 2002). Dies wurde einmal mehr besonders deutlich bei der Trauerfeier für den neben in Miami/Florida auch in Köln ansässigen, am 5. Januar verstorbenen Seniorchef der größten europäischen Privatbank, Alfred (genannt: Freiherr von) Oppenheim.

Fotografieren verboten! Adel und Geldadel bestellten ein Großaufgebot privater Security, die den Roncalli-Platz weiträumig sperrte für die Vorfahrt und als Abstellplatz schwarzer Luxuslimusinen. 'A big boss of a big bank' raunten englischsprachige Touristen, denen die Besichtigung des Kölner Doms verwehrt blieb.

2000 Trauergäste inklusive Zaungäste versammelten sich zum ersten evangelischen Gottesdienst im Kölner Dom, in dem es vor schwarzbemäntelten 'Sicherheitskräften' nur so wimmelte. Sie hatten dafür Sorge zu tragen, dass niemand Unbefugtes den Fotoapparat zückte ("dann packe ich Sie am Schlafittchen") und dass die strikte Abtrennung zu den vorderen Reihen eingehalten wurde. Domprobst Norbert Feldhoff lobte in seiner Begrüßungsansprache das Engagement des Vorstorbenen für den Kölner Dom, zuletzt ein gespendetes Domfenster. Dass diesem Engagement die Plünderung der Stadtkasse unter tatkräftiger Mithilfe des ehemaligen Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier vorausging, blieb in diesem wie in anderen vorangegangenen Festreden unerwähnt. Sie wollten unerkannt bleiben, die Einleger des Esch-Fonds, darunter 'Klein-Alfred' Neven Du Mont. Deren Extremrendite von mindestens 10 Prozent im Zusammenhang mit der überteuerten Miete für das neue Kölner 'Technische Rathaus' veranlaßte den spontan verstorbenen Oberbürgermeister Harry Blum zu der Äußerung, es handele sich um den "vermieterfreundlichsten Vertrag in ganz Köln". "Unsere Aufgabe ist es nicht, Gewinne zu privatisieren und Verluste auf die Allgemeinheit abzuwälzen," entlarvte Blum den hinter sogenannten Reformen und Sparpaketen versteckten blanken Neoliberalimus eines 'Baron' Alfred Oppenheim, der beim Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer 2004 forderte: „Es ist höchste Zeit, die Gesellschaft auf ein langjähriges Entzugsprogramm einzustellen.“ Pläne gab es reichlich, glücklicherweise scheiterte bisweilen die Umsetzung: so z.B. sein Vorschlag, die Stadt Köln solle nicht nur die 42.000 städtischen Wohnungen verkaufen, sondern auch möglichst die Stadtwerke, die Strom, Gas und Wasser liefern und den Nahverkehr organisieren: „Köln besitzt nicht nur Wohnungen und Liegenschaften, sondern auch einen Stadtwerke-Konzern mit 50 Unternehmen und 10.000 Beschäftigten.“

Auf den Kränzen grüßten Bertelsmann/Middelhoff, Karstadt-Quelle und Wagnerianer der Bayreuther Festspiele (Wagners Walkürenritt läßt die US-Armee in ungeschminkter Eroberungsmarnier ertönen beim Einmarsch im irakischen Faludscha). Die Republik-Kapitäne haben den von kritischen Wirtschaftswissenschaftlern wie Albrecht Müller ("Die Reformlüge") und Heiner Flassbeck ("Deutschland wird wirtschaftlich ruiniert") titulierten Reform-Wahnsinn schon lange in der Schublade, wie ein Gespräch mit dem Bertelsmann-Chef Reinhard Mohn im Stern 1996 bereits offenbart: Es gelte "Systemordnungen, die stehen bleiben" und "Gesetze, Regeln und Rituale einer sozialen Marktwirtschaft, die heute angesichts eines globalen Wettbewerbs nicht mehr durchzuhalten sind" auszuhebeln. Bertelsmann-Chef und -Gründer des größten deutschen Medienimperiums verspricht außerdem: "Wir helfen der Politik, dem Staat und der Gesellschaft, Lösungen für die Zukunft zu finden.", die mit Sicherheit nicht im Interesse der wertschöpfenden, arbeitenden Bevölkerung liegen. Der (unsichtbare) moderne Feudalismus gebiert indessen moderne Armutsgesetze (Hartz I - IV). "Der Enteignung der Armen steht eine Entwicklung von 50% mehr Millionären in Deutschland in fünf Jahren (1998 - 2003) gegenüber", formuliert Oppenheims schärfster Kritiker, der Kölner Publizist und Philosoph Werner Rügemer. Selbst Heiner Geißler sieht sich zu drastischen Äußerungen genötigt: "Die Gier zerfrißt den Herrschenden ihre Gehirne." Aber daran ist Baron Alfred Freiherr von Oppenheim - soweit bekannt geworden - nicht gestorben. (af)