Mainz, 23.2.2005, 'Not welcome, Mr. Bush!'Bilder

Not welcome, Mr. Bush! Für eine friedliche und soziale Welt!

Aufruf zur Demonstration

Am 23. Februar wird der Repräsentant der US-Kriegspolitik Deutschland besuchen. Er will dabei die Zusammenarbeit im „Kampf gegen den Terror“ vertiefen. Aber der Krieg der USA gegen den Irak ist selbst terroristisch und Quelle immer neuer Gewalt. Menschenrechte, internationale Übereinkünfte und ökologische Verantwortung, all dies wird einem rücksichtslosen Gewinn- und Machtstreben im Rahmen der neoliberalen Globalisierung untergeordnet.

Mehr als 100.000 Menschen im Irak verloren in den letzten zwei Jahren bereits ihr Leben, in ihrer großen Mehrheit unbewaffnete ZivilistInnen. Dieser Krieg ist völkerrechtswidrig. Die Kriegsverbrechen der US-Streitkräfte in Afghanistan und Irak wie das Foltern von Gefangenen verletzen elementare Menschenrechte.

Wir fordern von der Bundesregierung, die Kriegsgefolgschaft zu verweigern!

Die deutsche Bundesregierung leistet beträchtliche Hilfe für den Kriegskurs der USA:
  • durch die Nutzung der hier gelegenen Militärflughäfen, darunter Rhein/Main-Airbase, Ramstein und Spangdahlem;
  • durch die Bewachung der US-Militäreinrichtungen
  • durch den Bundeswehreinsatz in Afghanistan und am Horn von Afrika; sowie
  • durch die Ausbildungs- und Materialhilfe für irakische Truppen.
Die Bundesregierung hat bereits im Krieg gegen Jugoslawien das grundgesetzlich verbriefte Verbot des Angriffskrieges gebrochen. Sie betreibt planmäßig und in großem Umfang den Umbau der Bundeswehr zu einer weltweit einsetzbaren Interventionstruppe und gehört in der EU zu den treibenden Kräften der europäischen Militarisierung.

Wir fordern:
  • Schluss mit der Militärgewalt gegen die Zivilbevölkerung im Irak!
  • Beendigung der Besatzung; Selbstbestimmung der Bevölkerung im Irak!
  • Bestrafung aller Verantwortlichen für Folter, Misshandlung von Gefangenen und Angriffe gegen Zivilisten!
  • Schluss mit der Beteiligung von NATO, EU und Bundeswehr am Krieg im Nahen und Mittleren Osten! Keine militärische Intervention im Iran!
Um die drängenden Probleme der Menschen global friedlich lösen zu können, braucht die Welt keine Kriegsallianzen und keine US-Alleingänge, sondern solidarische Zusammenarbeit.

Deshalb treten wir ein:
  • Für ein ziviles und soziales Europa, gegen die Verpflichtung zur Aufrüstung in der EU-Verfassung;
  • Für die Anerkennung und Bekämpfung der Ursachen von Terrorismus, wie Armut, Perspektivlosigkeit, Ausbeutung und Ungerechtigkeit;
  • Für eine gerechte wirtschaftliche und soziale Entwicklung unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte.
Europäische Politik muss Friedenspolitik sein - Abrüstung statt Sozialabbau!

Deshalb werden wir am Dienstag, dem 22. und Mittwoch, dem 23. Februar 2005 an vielen Orten und mit vielfältigen Aktionen demonstrieren und uns am 23. Februar in Mainz versammeln.

Eine friedliche Welt ist möglich!


Viel heiße Luft und Sprechblasen - no beaf

Presseerklärung der Friedenskooperative Bush-Besuch im Februar 2005 in Mainz

Mehr als 12.000 Menschen haben an der heutigen Demonstration durch die Mainzer Innenstadt teilgenommen - mehr als doppelt so viele wie erwartet. Diese Zahl wird von der Polizei bestätigt. Die Demonstration war bunt, phantasievoll, kämpferisch und absolut friedlich.

Insgesamt hat sich von Montag bis Mittwoch die Friedens- und globalisierungskritische Bewegung mit mehr als 60 Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen unter dem Motto "Not welcome Mr. Bush" zu Wort gemeldet. Wie hunderttausende Menschen in Rom am letzten Samstag und die Veranstaltungen in Brüssel und Bratislava wurde an die mehr als hunderttausend Todesopfer des Irakkriegs, an Folter und Mord in US-Militärgefängnissen und auch an die mittelbare deutsche Beteiligung durch Nutzung der Stützpunkte für den völkerrechtswidrigen Krieg erinnert.

Die Drohung mit weiterer "Verbreitung der Freiheit" hat Präsident Bush während seiner Besuche bei NATO, EU und der Bundesrepublik nicht zurückgenommen. In freundlichem Tonfall ist während der ganzen Reise viel heiße Luft erzeugt worden, hohle Sprechblasen - "no beaf". Der Kern des Konflikts USA-EU, soweit es die Regierungen betrifft, bleibt bestehen. Es geht um das Kräfteverhältnis - politisch, wirtschaftlich und militärisch. Kanzler Schröder übersetzt diesen Konflikt und seine Hybris auf einen Veto-Sitz im Sicherheitsrat mit "gleiche Augenhöhe" und "verantworten, was man mitentschieden hat". Dazu gehört die Relativierung der NATO, die - einziger Berührungspunkt mit Schröder - auch für die Friedensbewegung abgeschafft gehört. Fatal ist aber der Versuch der EU-Regierungen über Aufrüstung und militärische Interventionsfähigkeiten auf Augenhöhe mit der Supermacht zu kommen. Die US-Regierung will schlicht "burden sharing" - politisch, finanziell und militärisch. Die von Bush beschworene "neue Ära der transatlantischen Einigkeit" kann es so - zu Recht - nicht geben. Sie bedeutet verstärktes militärisches Engagement in Irak, Afghanistan und anderen Schauplätzen des "Kriegs gegen den Terror" sowie Kumpanei bei der Destabilisierung unerwünschter Regime wie des Iran oder Syriens und des Auslösen eines Flächenbrandes im Nahen und Mittleren Osten.

Die Friedensbewegung sieht die Chancen für einen positiven Einfluss der Europäischen Union nicht in eigener Aufrüstung sondern konsequenter Stärkung der friedenspolitischen Kapazitäten ziviler Konfliktbearbeitung und fairer Kooperation mit den Ländern des Südens und der arabisch-islamischen Welt. Ein in diesem Sinne starkes Europa könnte im transatlantischen Dialog die USA beeinflussen, den Weg zurück in die UN-Institutionen und die Achtung internationalen Rechts zu finden.

Fortschritte für die politische und friedliche Lösung von Konflikten, für eine Stärkung der UNO, den Internationalen Strafgerichtshof oder das Kyoto-Protokoll hat es bei diesem Gipfel nicht gegeben - nur Bilder. Eine kleine Hoffnung verbindet sich mit den Ankündigungen eines stärkeren US-Engagements in Israel/Palästina.

Manfred Stenner, Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative

Quelle: www.friedenskooperative.de


Greenpeace-Protest in Mainz: Auch Bush soll abrüsten

Schlauchbootfahrer demonstrierten unter Staats-Limousine - Greenpeace-Presseerklärung vom 23. Februar 2005

Mainz, 23. 2. 2005 - Gegen die Atomwaffenpolitik von US-Präsident George W. Bush haben Greenpeace-Aktivisten heute Vormittag anlässlich seines Besuchs in Mainz protestiert. Zwei Schlauchbootfahrer fuhren bis unter die Theodor-Heuss-Brücke und entrollten dort ein Banner mit der Aufschrift: "No nuclear weapons in the USA and elsewhere - No more wars, Mr. Bush! - Greenpeace". Zur gleichen Zeit fuhr die Stretch-Limousine mit den US-amerikanischen Flaggen an der Motorhaube über die Brücke Richtung Mainzer Schloss. Am Hauptbahnhof entrollten Kletterer in grosser Höhe ein vier mal zehn Meter grosses Banner mit der gleichen Botschaft.

Die Demonstranten warnten damit vor der Gefahr, dass die USA mit der einseitigen Durchsetzung ihrer Interessen die neuen Verhandlungen über den Atomwaffensperrvertrag zum Scheitern bringen und ein neues atomares Wettrüsten anheizen. "Die Sicherheitspolitik von Bush ist scheinheilig", sagt Greenpeace-Abrüstungsexperte Wolfgang Lohbeck in Mainz. "Er brandmarkt Staaten, die sich trotz des Sperrvertrags Atomwaffen beschaffen. Dabei verschweigt er den Kern des weltweiten Sicherheitsproblems - die fehlende Abrüstung der Atommächte. Denn die USA haben sich in dem Vertrag ebenfalls verpflichtet. Sie müssen ihre Atomwaffen verringern, lehnen dies aber inzwischen ab. Dies ist ein Spiel mit der nuklearen Katastrophe." Angesichts dieser Gefahr sind die Verhandlungen, die im Mai in New York beginnen, von ausserordentlicher Bedeutung.

Die USA brechen mit ihrer Weigerung, ihr Atomwaffenarsenal abzurüsten, den auch von ihnen unterzeichneten Atomwaffensperrvertrag (Vertrag zur Verhinderung und Verbreitung von Atomwaffen, "Non Proliferation Treaty", NPT). Darin haben sich im Jahr 1970 Staaten ohne Atomwaffen verpflichtet, auf diese zu verzichten. Die offiziellen fünf Atommächte USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich und China sollen dagegen ihre Arsenale schrittweise abbauen. "Doch die Realität sieht anders aus: Inzwischen werden einseitig `Schurkenstaaten` der Weiterverbreitung oder Beschaffung von Atomwaffen bezichtigt und geraten ins Fadenkreuz von Kriegsszenarien", so Lohbeck. Die Verpflichtungen der USA und der anderen Atommächte spielen keine Rolle mehr.

"Das Beispiel Nordkorea zeigt, dass die aggressive Politik der Bush-Regierung die Weiterverbreitung geradezu anheizt: Wer keine Atomwaffen hat, wird angegriffen, wer noch keine hat, wird mit Krieg bedroht. Nur wer sie hat, wird verschont. Das ist derzeit die unverantwortliche Botschaft der USA an atomare Schwellenländer", erklärt Lohbeck.

Auch die Bundesregierung ist in dieser Frage gefordert. Angesichts neuer Erkenntnisse über die in Deutschland gelagerten US-Atomwaffen hat Greenpeace Aussenminister Joschka Fischer und Bundeskanzler Gerhard Schröder aufgefordert, sich für den Abzug dieser Bedrohung von deutschem Boden einzusetzen. Wie letzte Woche bekannt wurde, lagern 150 Wasserstoffbomben in Deutschland, 480 in Europa - dreimal so viele wie bislang angenommen.

Quelle: www.friedenskooperative.de


Erschreckend, beängstigend, ermutigend

Einschätzung von Axel Köhler-Schnura (Coordination gegen BAYER-Gefahren) vom 24.02.2005

Gestern in Mainz: Es war ein skurriles Erlebnis. Erschreckend, beängstigend, ermutigend.

+ Eine tote Großstadt. Die Außenbezirke tot, Busse und Straßenbahnen fast leer. In der quadratkilometergroßen City an einem normalen Arbeitstag außer aber- und abertausenden von PolizistInnen kaum Menschen. Immer wieder Radpanzer, Wasserwerfer, Polizeifahrzeuge.

+ Aus ganz Deutschland wurden Polizeikräfte zusammengezogen, von Garmisch bis nach Hamburg. Es sollen 17.000 und mehr gewesen sein.

+ Überall geschlossene Fenster und Türen. Die allermeisten Geschäfte geschlossen. Nur einige wenige (aber immerhin!!!) Proteste in Fenstern, Schaufenstern und Türen. Ketten von Polizeiposten entlag ganzer Straßenzüge, Sperrgitter, PolizistInnen auf Schritt und Tritt.

>>Das Rätsel: Wo waren die Mainzer?

+ Die Stadt incl. Frankfurter Flughafen, Eisenbahnstrecken, Autobahnen, Landstraßen und Feldwegen auf 100 Quadratkilometer ab 7 Uhr morgens hermetisch abgeriegelt. Im Fernsehen wird in der Nacht von Fällen berichtet, in denen nicht einmal Kranke ins Krankenhaus gebracht werden konnten

+ Dennoch sickern seit dem Vortag, die ganze Nacht und auch den ganzen Vormittag des 23.02. hindurch DemonstrantInnen in die Stadt. Sie schlendern einzeln oder in kleinen Gruppen durch die leeren Straßen. Sie werden immer wieder kontrolliert oder gar direkt von einem Pulk PolizistInnen begleitet.

+ Ca. 10.30 Uhr rollt der Präsident heran. Aus einer Entfernung von ca. 500 Metern kann mensch am Rheinufer die Brücke sehen, über die er fahren wird. In der Luft 5 Hubschrauber, darunter mind. ein Kampfhubschrauber. Im Wasser drei Polizei- und zwei Kampfboote. Und da geschieht es. Ein klitzekleiner Kahn taucht quasi aus dem Nichts auf, ein Protesttransparent an der Seite. Die gesamte Armada nimmt sofort die Verfolgung auf. Insbesondere die beiden schnellen Kampfboote wollen den Kahn rammen und versenken. Da er klein ist, ist er wendiger, doch nach ein paar Minuten ist es vorbei.

+ So gegen 12 Uhr sind etwa zehntausend DemonstrantInnen in der Stadt. Greenpeace entfaltet vom Dach des Hauptbahnhofs ein riesiges Protesttransaperent. Die Polizei stürmt das Dach. Nach wenigen Minuten das Transparent eingeholt.

+ Ca. 13.30 Uhr beginnt die Demonstration. Ein Lautsprecherwagen der Polizei wünscht "Ihrer Dermonstration einen guten Verlauf". Ein Flugblatt der Polizei hält Demonstrieren für "eines der bedeutendsten Grundrechte unserer Demokratie" und schreibt: "Ihrer Polizei ist es ein besonderes Anliegen, sowohl Sioe als auch die Gäste des Staatsbesuchs vor Gewalt und Unfriedlichkeit zu schützen."

+ 15 bis 20.000 DemonstrantInnen sind es jetzt. Begleitet links und rechts von Polizeiketten. Sehr bunt, sehr jung, sehr laut, sehr politisch, sehr einfallsreich, sehr friedlich. Es geht durch die City, durch menschenleere Straßen.

+ Nur wenige Mainzer hinter geschlossenen Fensterscheiben. Doch immer wieder ein geöffnetes Fenster mit roter Fahne oder Protesttransparent.

+ Im Zug erkennbar Grüne, PDS, BUND, JungsozialistInnen, Attac, Falken, Antifa, DKP, Greenpeace, SAV, Kinderschutzbund, Linksruck und viele andere Gruppen und Grüppchen. Aus ganz Deutschland. Aus dem Inland und dem Ausland. Aus Europa und auch aus anderen Kontinenten. Auch aus den USA!

+ IranerInnen protestieren gegen den drohenden Krieg gegen den Iran.

+ Und: Wenn ich nicht eine Fahne übersehen habe, ganze drei Gewerkschaftsfahnen waren dabei.

+ Die Präsidentengattin trifft bei Ihrem Museumsbesuch - natürlich in einiger Ferne und gut abgeriegelt hinter Polizei und drei Zonen Sicherheitsgittern - auf die Demo und wird lautstark ausgepfiffen.

+ Auch beim Mittagessen mit dem Präsidenten im Schloss-Saal sind die Pfiffe der Demo zu hören (wie im Fernsehen dokumentiert war).

+ Bei der Abfahrt des Präsidenten nochmals eine Aktion, der Versuch einer Blockade, die ebenfalls in Minuten gewaltsam von der Polizei beendet wird.

+ Die Arbeitgeber verkünden, dass Zuspätkommen selbstverständlich geahndet werde. Die Polizei verkündet, das Risko liege bei den "Abeitnehmern", schließlich müssten sie auch bei Blitzeis dafür sorgen, dass sie pünktlich zur Arbeit erscheinen.

+ Opel verordnet der Belegschaft einen Zwangsruhetag, der kollektiv am Samstag nachgearbeitet werden muss.

+ Und die Gewerkschaft? Bsirske bei Tisch mit Kanzler und Präsident. Der DGB Mainz hat ein Schild an der Türe: Am 23.02. geschlossen. Kein organisierter Protest gegen Kriegsherren und Folterer, keine Solidarität, keine Verpflegungspakete für DemonstrantInnen. Da ging mancher Ladenbesitzer in Mainz weiter, der Protest ins Fenster hängte.

+ Und vor allem: Keine Proteste der Gewerkschaften gegen die Willkür-Maßnahmen gegen Zehntausende ArbeiterInnen und Angestellte.

+ Für die Wirtschaft ein Hundertmillionenverlust.

+ Für uns SteuerzahlerInnen ebenfalls. Der Besuch nebst Polizei-Einsatz kostet.

+ Lufthansa klagt wegen Dutzender zwangsgestrichener Flüge.

+ In der Presse war einige Tage vor Mainz zu lesen: Um Strategien gegen zu befürchtenden Aufruhr wegen sozialer Verelendung zu entwickeln, tagten die Geheimdienste, die Bundeswehr und die Polizei.

+ Mainz war ein Vorgeschmack. Mainz war eine Bürgerkriegsübung.

Und dennoch: 15 bis 20.000 DemonstrantInnen waren da! (Die Polizeipropaganda spricht von 7.000.)