Düsseldorf, 21.5.2005 - 'Bildung ist ein Recht - kein Privileg!' - Demo gegen StudiengebührenBilder

"Ohne Vorbehalt! Bildung ist ein Recht - kein Privileg!"

Aufruf des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) zur Demonstration am 21. Mai in Düsseldorf

Bildung ist zurzeit ein Privileg, welches nicht jeder und jedem zugänglich ist. Durch das sozial Selektive Bildungssystem werden individuelle Bildungswege durch Hürden verschiedenster Art erschwert bzw. unmöglich gemacht. Zugang zu Bildung und Ausbildung hängt weniger mit Fleiß und Begabung zusammen, als vielmehr vor allem von der sozialen Herkunft des und der Einzelnen ab.

Zwar proklamieren die Parteien und Regierungen, mehr Menschen müsse der Zugang zu Bildung und Ausbildung ermöglicht werden - um des Arbeitsmarktes und des Standortes Deutschland Willen, der gut ausgebildete Arbeitskräfte brauche. Faktisch knüpfen Parteien und Regierungen jedoch den Zugang zu Bildung und Ausbildung an ständig neue Bedingungen.

Wir stellen dem unsere Forderung entgegen, Bildung als ein Recht zu begreifen. Wir fordern, Bildungshürden abzubauen, und nicht neue zu errichten. Und wir fordern dass jeder Mensch sein oder ihr Recht auf Bildung auch wahrnehmen kann.

Ein Recht: Unabhängig vom Geldbeutel

Mit der Aufhebung des so genannten Gebührenverbotes des Bundes hat das Bundesverfassungsgericht den Ring für eine neue Runde im Kampf um den kostenlosen Zugang zu Bildung und Ausbildung freigegeben. Schon jetzt ist es Menschen aus bildungsfernen und finanziell schwachen Schichten kaum möglich, durch das sozial selektive Bildungssystem bis an die Hochschule zu gelangen. Diese Situation wird durch Studiengebühren in jeder Form weiter zementiert werden. Da helfen auch keine Kredite: Denn die Aussicht auf einen Schuldenberg schreckt insbesondere Studierwillige aus sozial benachteiligten Schichten vom Studieren ab. Das belegen z.B. Erfahrungen aus Australien und Österreich, sowie eine repräsentative Umfrage der Universität München. Und das auch schon bei 500 Euro pro Semester.

Wir bleiben dabei: sozial verträgliche Studiengebühren gibt es nicht.

Ein Recht: Unabhängig von Herkunft

Das deutsche Bildungssystem benachteiligt auf allen Ebenen systematisch Menschen mit Migrationshintergrund. So sind selbst "BildungsinländerInnen" etwa an den Hochschulen unterrepräsentiert. Auch AusländerInnen wird der Weg an deutsche Hochschulen ständig weiter erschwert - etwa durch die zunehmende Einführung von Gebühren für Deutschkurse, Sprachprüfungen oder die Bewerbung an den Hochschulen. Und die Chancen stehen schlecht, nach dem Studium in Deutschland bleiben zu können.

Unter dem Schlagwort "Kampf um die besten Köpfe" werden ausländische Studierende von BildungspolitikerInnen nach ihrer Herkunft und ihren Studienfächern kategorisiert. So gelten KunsthistorikerInnen aus Afrika an deutschen Hochschulen unerwünscht, während finanziell abgesicherte InformatikstudentInnen aus Asien und Osteuropa massiv angeworben werden.

Ein Recht: Unabhängig vom Geschlecht

Derzeit ist der Anteil der Frauen unter den Studierenden noch ausgeglichen. Mit Einführung von Gebühren wird sich das jedoch ändern, denn Frauen werden von Gebühren stärker vom Studium abgeschreckt als Männer. Gründe dafür sind zum Beispielfamiliäre Verpflichtungen während und nach dem Studium, die ungleiche Entlohnung der Absolventinnen und die zu geringe Zahl von Frauen in führenden Positionen in Wirtschaft und Hochschule. Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen ist allerdings nicht nur ein individuelles wirtschaftliches Problem, sondern auch Bestandteil der Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft. Deshalb müssen die Mechanismen der Benachteiligung weiter erforscht und Instrumente zu ihrer Beseitigung entwickelt werden.

Ein Recht: Unabhängig von Alter und Semesterzahl

Wir begreifen ein Studium als Recht jedes und jeder Einzelnen. Das schließt auch das Recht ein, das Studium selbst planen und mit dem eigenen Lebensentwurf in Einklang bringen zu können. Ganz konkret heißt das, auch ein Teilzeitstudium oder der flexible Zugang zur Hochschule unabhängig vom Alter müssen möglich sein. Denn in einer Arbeitswelt, die einem raschen Wandel unterliegt, bedeuten zeitliche Beschränkungen des freien Zugangs zu Bildung und Weiterbildung einen Ausschluss von Menschen vom lebensbegleitenden Lernen und dem (Wieder-)Einstieg in den Beruf. Lebenslanges Lernen zu ermöglichen heißt in NRW vor allem: Weg mit dem Studienkontengesetz. Auch Studienkonten sind Studiengebühren.

Ein Recht: Unabhängig vom "Standort"

Mit der Einführung von Studiengebühren und Kreditmodellen wird es den Studierenden nicht mehr möglich sein, ihr Studium nach den eigenen Interessen zu wählen. Vielmehr wird sich Ihre Studienfachwahl an ihrer wirtschaftlicher Relevanz und Rentabilität orientieren. Auch Stipendien werden nach diesen Gesichtspunkten vergeben werden.

Diesen Vorbehalt lehnen wir ab, denn Bildung dient nicht nur dem „Standort Deutschland“, sondern auch der individuellen Selbstverwirklichung und dem gesamtgesellschaftlichen Fortschritt.

Sicherstellen, dass jeder und jede die Möglichkeit hat, über Studium und Ausbildung selbstbestimmt einen Einstieg in Wissenschaft und Beruf zu finden, kann nur, wer Bildung und Ausbildung als ein Recht begreift. Deshalb muss Bildung allen kostenfrei zustehen, unabhängig von den Zwängen des Marktes und der Arbeit.

Kommt zur Demonstration am 21. Mai 2005!
  • Auftakt: 13°° Uhr am Düsseldorfer Hbf
  • Abschluss: 16°° Uhr am Burgplatz
Quelle: www.abs-nrw.dee


Demonstration gegen Studiengebühren erfolgreich - 4.000 bei Abschlusskundgebung in Düsseldorf

Presseerklärung des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) vom 21.5.2005

Düsseldorf. Über 4.000 Studierende und Schüler haben heute in Düsseldorf an der Abschlusskundgebung einer landesweiten Großdemonstration gegen Studiengebühren teilgenommen. Die Redner forderten die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker auf, keine neuen Barrieren im Bildungssystem aufzubauen sowie bereits vorhandene abzubauen. Zu der Demonstration hatten neben den ASten unter anderem auch die LandesschülerInnenvertretung sowie die GEW NRW aufgerufen. Andreas Meyer Lauber, Vorsitzender der GEW NRW, warnte davor, verschiedene Bildungsbereiche gegeneinander auszuspielen. So sei vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts immer davon gesprochen worden, mit der Einführung von Studiengebühren die Gebühren für Kindertagesstätten abzuschaffen. Jetzt wäre klar, dass dies niemand mehr plane. Meyer-Lauber verdeutlichte weiterhin, dass es keine finanziellen Sachzwänge gebe, vielmehr sei der gesellschaftliche Reichtum falsch verteilt: "Geld ist genug da, es haben nur die Falschen!"

Sascha Vogt, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS), machte in seinem Redebeitrag deutlich, dass eine sozial verträgliche Form von Studiengebühren nicht möglich sei. Ebenso wäre es ein "Märchen, zu glauben, dass die Studienbedingungen mit Studiengebühren besser werden." Vielmehr spreche alles dafür, dass sich das Land bei der Einführung von Studiengebühren aus der Finanzierung der Hochschulen zurückziehe. Vogt kritisierte auch die amtierende Landesregierung: "Es nicht ehrlich, sich im Wahlkampf als die einzige Interessenvertretung für Studierende hinzustellen. Ehrlicher wäre es, zuzugeben, dass man selbst Langzeitstudiengebühren in Form von Studienkonten eingeführt hat."

Die Organisatoren werteten die Demonstration als Erfolg. Es sei gelungen, den erheblichen Widerstand gegen jede Form von Studiengebühren deutlich zu machen. Vogt: "Egal, wie die neue Landesregierung aussieht, mit uns muss man rechnen."

Quelle: www.abs-nrw.dee


Bildung ist ein Recht - Rund 4.000 demonstrieren in Düsseldorf

Presseerklärung des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS) vom 21.5.2005

Düsseldorf. Rund 4.000 Studierende und Schüler protestieren heute in Düsseldorf gegen die drohende Einführung von allgemeinen Studiengebühren in NRW nach einem möglichen Machtwechsel am Sonntag. Gleichzeitig übten die Demonstranten aber auch Kritik an den bereits bestehenden Langzeitstudiengebühren in Form von Studienkonten. Sascha Vogt, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS), das die Demonstration mit organisiert hatte, erklärte in einer ersten Stellungnahme: "Das ist heute ein eindeutiges Zeichen. Es gibt auch in NRW einen breiten Widerstand gegen jede Form von Studiengebühren. Das mussten auch im Landtagswahlkampf alle Parteien erfahren, die dieses unsoziale Projekt vorantreiben."

Zu der Demonstration hatten neben den ASten auch die LandesschülerInnenvertretung, die Gewerkschaftsjugenden sowie zahlreiche weitere Organisationen aufgerufen. In den vergangenen Wochen hatten bereits zahlreiche lokale Protestaktionen gegen die drohenden Studiengebühren stattgefunden. Anlass für die Aktionen ist die anstehende Landtagswahl, bei der CDU und FDP im Falle eines Wahlsiegs allgemeine Studiengebühren ab dem ersten Semester einführen wollen. Die rot-grüne Landesregierung hatte bereits 2003 Langzeitstudiengebühren in Form von Studienkonten eingeführt, was durch das ABS stets heftig kritisiert wurde.

Aus Sicht des ABS führen Studiengebühren für Studierende aus finanziell schwächeren Schichten zu einer Schuldenfalle. So beträgt die Gesamtverschuldung bei nur 500 Euro und einem zehnsemestrigen Studium bereits rund 10.000 Euro, da die Gegenfinanzierung über Kredite erfolgen muss. Mittelfristig sind für das ABS aber weitaus höhere Gebühren zu erwarten, da 500 Euro pro Semester in den meisten Ländern gerade einmal die Kürzungswellen aus den vergangenen Jahren wettmachen würden. Vogt: "Alle Erfahrungen mit Studiengebühren in anderen Ländern zeigen, dass mittelfristig von mehr als 500 Euro pro Semester ausgegangen werden muss. Dann aber steigt die Verschuldung von Studierenden, deren Eltern nicht das nötige Kleingeld haben, dramatisch. CDU und FDP nennen das gerecht. Ich nenne das Bildung nur noch für Reiche."

Durch die in NRW bereits bestehenden Studienkonten mussten rund 50.000 Studierende ihr Studium beenden. Aus Sicht des ABS sind von dieser Form von Langzeitstudiengebühren unter anderem Studierende betroffen, die neben dem Studium ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit verdienen müssen oder ein Kind erziehen. Vogt: "Rot-grün hat mit der Einführung von Studienkonten nicht nur etliche Studierende von den Hochschulen verdrängt sondern das Thema Studiengebühren auch hoffähig gemacht. Es bleibt für uns dabei: Wer Studiengebühren konsequent verhindern möchte, muss Studienkonten wieder abschaffen."

Quelle: www.abs-nrw.dee


Geld ist genug da, es haben nur die Falschen!

Rede von Andreas Meyer-Lauber, Vorsitzender der GEW - NRW, Düsseldorf, 21.5.2005

Liebe Studierende, liebe Demonstranten,

Ich möchte euch die solidarischen Grüße der GEW überbringen. Als Bildungsgewerkschaft im DGB liegt uns die Chancengleichheit besonders am Herzen. Wir kämpfen nach wie vor für das vermeintlich altmodische Ziel, dass auch die Kinder der Krankenschwester und des Stahlarbeiters studieren können, wenn sie sich dazu entscheiden wollen.

Aus langjähriger Erfahrung als Lehrer in der Oberstufe kann ich sagen: Schon jetzt werden zu viele talentierte Schülerinnen und Schüler von einem Studium abgeschreckt, weil ihnen die Ausbildung nicht gesichert erscheint, wenn die Eltern nicht das dicke Portmonee haben, sie zu finanzieren. Deshalb ist klar: Wer für die gesellschaftliche Zukunft mehr Studierende braucht, darf nicht noch zusätzlich durch Gebühren abschrecken.

Studiengebühren sind Teil einer konservativen Offensive zum Abbau des Sozialstaats: Hartz IV und Ein-Euro-Jobs, Ganztagsschulen nur mit Elterngebühren, Praxisgebühren und Minimalrenten stehen nicht nur auf dem Wunschzettel der Unternehmerverbände, sie finden auch zunehmend in den Parlamenten Zustimmung, und man hat den Eindruck, die Münteferingschen "Heuschrecken" sind inzwischen schon bis auf die Regierungsstühle vorgerückt.

Vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatten die Studiengebührenbefürworter noch herzzerreißende Argumente ins Feld geführt: Es sei doch ach so ungerecht, dass für den Kindergarten bezahlt werden müsse, aber das Studium umsonst sein. Kaum hatte das Gericht die Tür für Studiengebühren aufgestoßen, ist das Argument verflogen. Niemand will jetzt noch die Studiengebühren dazu verwenden, die Kindergartenbeiträge der Eltern abzuschaffen. Es sollten also offenkundig in schlichter Demagogie verschiedene Bildungsbereiche gegeneinander ausgespielt werden. Das machen wir nicht mit.

Morgen bei Landtagswahl ist klar: Die rot-grüne Regierungskoalition hält bisher an ihrem Studienkontenmodell fest, auch wenn sich damit die Situation an den Hochschulen um keinen Deut verbessert hat: Frau Höhn und Herr Steinbrück, nicht Gebühren für Langzeitstudierende sind die Lösung, sondern Investitionen in die Verbesserung der Lehre, in Tutorien und Betreuungsrelationen sind notwendig, um das Studieren in NRW erfolgreicher zu machen !

Mit CDU und FDP gibt man seine Stimme für Studiengebühren her. Wobei die CDU die angeblich sozialere Variante vertritt: nachgelagerte Studiengebühren. Dazu ein Vorschlag meinerseits: wenn Parlamentsabgeordnete und Talkshow-Plauderer nachgelagerte Studiengebühren für legitim, ja geradezu für moralisch geboten halten, können sie doch vorab schon mal die nachgelagerten Gebühren für ihr eigenes Studium an die Unis überweisen !! Herr Rüttgers, Herr Westerwelle, Frau Merkel und Frau Christiansen: Wo bleiben ihre Schecks für die Hochschulen?

Gut, dass uns in dieser Situation die Deutsche Bank hilfreich zur Seite springt. Sie startet eine "Angebotsoffensive für Studenten" und bietet ab Oktober 2005 Kredite für die Studienfinanzierung an. Damit will sie "einen Beitrag zur Förderung von Bildung und Ausbildung in Deutschland leisten". Ein Zinssatz von schlappen 5,9 bis 9,9 % mildert jedoch dieses nationale Opfer der Deutschen Bank auf ein für sie erträgliches Maß. Herr Ackermann, warum nicht gleich das Bafög zum BankenFörderungsgesetz umbenennen? Nebenbei: dass Herr Ackermann nach eigenen Angaben 300.000 Studierende zu seinen Kunden zählt, sollte in euern Kreisen Diskussionen auslösen.

Liebe Demonstrierende! Es geht nicht einfach nur um Gebühren: Es geht um die Verteilung des Reichtums in dieser Gesellschaft, es geht um die Frage, ob jeder nur für sich selbst sorgen soll, oder ob es soziale Leistungen der Gesellschaft für alle ihre Mitglieder weiterhin geben soll. Lasst euch nicht bange machen mit dem Argument: "Es sei kein Geld für den Sozialstaat da !" Auch wenn es 100 und 1000 mal vorgebetet wird.

Allein mit der Reform der Körperschaftssteuer hat unser Staat auf über 100 Milliarden € Einnahmen verzichtet. Allein drei Großunternehmen in NRW haben 1,7 Mrd € Steuern erstattet bekommen, als die neue Gesetzgebung 2003 dazu führte, dass Geld ausgezahlt wurde, anstatt welches einzunehmen. Eine solche Steuer hat es in der Geschichte der Staaten wohl noch nicht gegeben.

Liebe Demonstrierende! Lasst euch nicht irre führen: Geld ist genug da, es haben nur die Falschen! Deshalb keine Gebühren fürs Studieren. Und nicht vergessen: Morgen wählen gehen - und die weiteren 223 Tage des Jahres aktiv bleiben. Das geht auch in und mit der Gewerkschaft.