Köln, 16.11.2010 - "Region der Kriege und Konflikte" - Diskussion mit Evelyn Hecht-Galinski und Mohssen Massarrat über die Situation im Nahen und Mittleren Osten

1 Diskussion über Nahen und Mittleren Osten - veranstaltet vom Kölner Friedensforum

2 Evelyn Hecht-Galinski, Publizistin: "Ich bin eine deutsche Jüdin, die sich sehr über die israelische Politik aufregt und die nicht möchte, daß Israel in ihrem Namen spricht..."

3 Diskussion über Nahen und Mittleren Osten

4 Prof. Dr. Mohssen Massarat, Politikwissenschaftler, ehem. Uni Osnabrück: "Ich bin sehr stark mit der Region beschäftigt, zur Zeit mit dem Iran-Atomkonflikt, und versuche... kleine Schritte gemeinsam mit NGOs aus der Region zu unternehmen für ein anderes Lebensmodell in der Region. Damit sind wir ein Stück weiter gekommen.... Ich hoffe, daß das klappt."

5 Diskussion über Nahen und Mittleren Osten

6 Dr. Peter Bathke (Moderation)

7 Evelyn Hecht-Galinski auf die Frage, warum sich im Konflikt Israel/Palästina nichts bewege: es bewege sich sehr viel, aber in der falschen Richtung...

8 Evelyn Hecht-Galinski: ...mit einem Bonus-Paket der USA für Israel mit einem 90-Tage-Baustopp - der ein Witz sei - angeblich im Westjordanland, aber nicht in Jerusalem, 20 F35-Bombern für Israel... "Das neue Bonuspaket, das Obama Netanjahu angeboten hat, beinhaltet auch, daß auf Israel kein Druck mehr ausgeübt wird, seine Atomwaffen abzugeben. Deshalb wird eine Abrüstung nie kommen."

9 Evelyn Hecht-Galinski: "Wenn die USA sich nicht anders benehmen und Israel alles erlauben, werden die Palästinenser weiter unterdrückt werden und keine Chance haben, jemals einen Staat zu bekommen. So sehe ich das."

10 Evelyn Hecht-Galinski auf die Frage nach den Möglichkeiten für eine Zwei- bzw. Ein-Staaten Lösung für Israel/Palästina: "Ich muß mit mit Richard Falk, dem UNO-Sonderbeauftragten, antworten, der selbst Jude ist: die Zwei-Staaten-Lösung ist eine Illusion...."

11 Evelyn Hecht-Galinski: "Das ewige Mantra der Zwei-Staaten-Lösung ist insofern gar nicht mehr machbar, weil sich Israel bisher so durch die Palästinenser-Gebiete gesiedelt und gearbeitet hat, daß es nur noch Kantone sind, die so zerstückelt sind und die palästinensischen Städte so voneinander trennen, so daß diese Lösung nicht mehr machbar ist."

12 Evelyn Hecht-Galinski: " Wenn... sehe ich nur noch eine bi-nationale Einstaaten-Lösung. Aber die sehe ich auch nicht, weil: Israel will alles, nur keinen Frieden... Ich glaube, daß sich im Moment gar nichts ändern wird, weil sich auch die USA nicht ändern werden, auch die europäischen Staaten sich nicht ändern werden, und daß sie Israel gewähren lassen."

13 Evelyn Hecht-Galinski, Peter Bathke und Mohssen Massarrat - Evelyn Hecht-Galinski: "Die Redakteure wissen alle genauso gut Bescheid wie ich. Sie wissen es alle. Aber sobald ein Redakteur etwas schreibt, was nicht genehm ist - das weiß ich - dann ist er am nächsten Tag kein Redakteur mehr. Genauso geht es Politikern..."

14 Evelyn Hecht-Galinski: "Deutschland spielt eine besonders schlimme Rolle... Ich will keine Staatsräson mit einen Staat, der alle Menschenrechte mit Füßen tritt, der alle UNO-Beschlüsse nicht beachtet, der die Palästinenser unterdrückt, vertreibt - von Anfang an - und Gaza blockiert hält... Ich bin ganz klar für Boykott."

15 Mohssen Massarrat führt einen wichtigen Satz nicht zu Ende und läßt damit offen, ob er Aufklärung befördern oder behindern will: "Ich... versuche in meiner Arbeit - soweit es geht - Aufklärung über die Konflikte in der Region..."

16 Mohssen Massarrat transportiert fast unmerklich den Kern der 'westlichen' Propaganda, Ziel des Iran sei die Entwicklung von Atomwaffen: "Lassen Sie mich aber auf den Kern des Konflikts zurückkommen." Iran brauche wegen seiner Gas- und Erdölvorkommen "in der Tat keine Atomkraft... Iranische Seite sagt: wir haben das Recht - und das trifft auch zu..."

17 Mohssen Massarrat: "...sie sagen, wir wollen Kernenergie, wir wollen keine Atomwaffen, und versuchen ihr Recht möglichst voll zu nutzen - bis zu einer gewissen Grenze, nämlich die Herstellung der Bombe. Das können sie im Konfliktfall innerhalb von wenigen Wochen machen." Das ist die Unterstellung, dem Iran gehe um Atomwaffen.

18 Mohssen Massarrat unterstellt dem Iran, dem gleichen Irrsinn verfallen zu sein wie Atomwaffen besitzende Staaten, die behaupten, sich damit schützen zu wollen: "Das Sicherheitsdilemma besteht darin,..."

19 Mohssen Massarrat: "...daß ein Land wie Israel als einziges Land über Atomwaffen verfügt... Jeder der sicherheitspolitisch ein bißchen geschult ist, der wird sofort sagen: hier haben wir ein Problem in der Region. Jedes Land würde versuchen, hier ein atomares Gegengewicht aufzustellen - was absurd ist - aber das ist das Normale." Das "Normale" unterstellt Massarrat damit auch dem Iran.

20 Diskussion über Nahen und Mittleren Osten

21 Mohssen Massarrat kritisiert die USA, schlägt aber schnell den Bogen derart, daß er die Kritik in die Vergangenheit projiziert: "Alle verletzen den Atomsperrvertrag, am stärksten die USA und alle Atomwaffenstaaten, indem sie ihre Atomwaffen nicht abrüsten. Aber sie beschuldigen permanent Iran der Verletzung. Das war die Bush-Strategie,..."

22 Mohssen Massarrat: "...die Kriegseskalation soweit voranzutreiben, daß letztendlich tatsächlich ein Krieg gegen die iranischen Atomanlagen geführt wird. Das war unter Bush ziemlich sicher. Die Planungen waren abgeschlossen."

23 Mohssen Massarrat: "Ich war erleichtert, als Bush abgewählt wurde, und Obama kam, der einen anderen Ton angeschlagen hat..." Massarrat erwägt nicht, daß die Verbrechen der USA durch den an die Macht gebrachten Obama mit dem anderen Ton nur geschickter verkauft werden.

24 Mohssen Massarrat suggeriert, die weltweit begangenen Verbrechen der USA resultierten nur aus einem falschen Gedankenansatz: "Die USA müssen endlich anerkennen und erkennen, daß sie nicht mehr mit Mitteln der Gewalt und der Hegemonialpolitik die Lage der Amerikaner verbessern. Das ist vorbei..."

25 Mohssen Massarrat formuliert, als sei er der bessere Berater für die US-Interessenpolitik: "Das war 20 bis 30 Jahre möglich, durch Gewalt auf Kosten der Welt den Wohlstand zu halten. Das ist vorbei. Das müssen sie begreifen..."

26 Mohssen Massarrat baut geschickt weiter an der Lovemark Obama: "Obama hat es begriffen meines Erachtens, aber ist darin gestoppt worden, dieses, was er erkannt hatte, auch in die Tat umzusetzen. Wenn nicht zehn Obamas kommen in Amerika, wenn nicht viel mehr Menschen, die Medien begreifen, daß auch die Amerikaner dabei sind zu verlieren, wenn sie das nicht begreifen, dann wird sich nichts verändern."

27 Mohssen Massarrat vermittelt ganz nebenbei das gängige Feindbild, z.B. mit der Verwendung des Begriffs "Ahamadineschad-Clique". Von einer Merkel-Clique oder Obama-Clique spricht er nicht.

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29 Evelyn Hecht-Galinski, Peter Bathke und Mohssen Massarrat - Mohssen Massarrat projiziert die Schuld auch in Sachen Irak-Krieg in die Vergangenheit (auf Bush) und weg von den Kräften des Kapitals, das die verschiedenen Präsidenten an die Macht gebracht hat: "Die Bush-Regierung [hat] eine absurde, abenteuerliche Energiepolitik verfolgt..."

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31 Mohssen Massarrat attestiert den USA auch in Sachen Afghanistan Unvermögen und empfiehlt gewissermaßen eine Modernisierung ihres Denkens: "Auch hier stecken die Vereingten Staaten in einer Sackgasse aufgrund ihrer veralteten Strategieanalysen..."

32 Walter Herrmann (Kölner Klagemauer für Frieden und Völkerverständigung)

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34 Mohammad Afonneh (Vorsitzender der Palästinensischen Gemeinde Köln): "Für mich als Palästinenser ist die einzige Lösung ein eigener Staat mit den Israelis zusammen. Wer mit uns in Frieden zusammenleben will, der ist willkommen... Das, was Obama haben will, ist keine Lösung. Man hat keine Luft zum Atmen, kein Wasser, kein Land..."

35 Evelyn Hecht-Galinski: "Und dann muß ich wieder auf Frau Merkel kommen: ich weiß nicht, ob das aufgrund ihrer DDR-Vergangenheit ist, daß sie diese Superrolle spielt, indem sie vor der Knesset die israelische Politik so vertritt, daß das israelische Propaganda-Ministerium in ihr einen neuen Sprecher hätte. Ich muß sagen: das ist eine Schande für Deutschland."

36 Elvira Högemann (Kölner Friedensforum) zu Massarrats Darstellung, Europas Interesse sei Frieden, um Handel treiben zu können: "Wir sind dabei, bei der Kriegspolitik. Die BRD ist Mitglied der Nato. Die Nato ist in Afghanistan. Die Nato hat eine Strategie, die sich seit 1999 als weltweite Eingreiftruppe versteht, für ganz eigensüchtige Interessen, die mit dem Handel zusammenhängen, nämlich Sicherung der Handelswege, Versorgung mit Ressourcen. Also so ganz friedlich sind diese Interessen nicht..."

37 Elias Davidsson: "Die Bevölkerung in Europa hat dieselben Interessen wie die Bevölkerung in Iran, in Amerika, Israel: das Leben in Würde..."

38 Elias Davidsson: "Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß heute in mehr oder weniger allen Staaten eine verbrecherische Mafia herrscht, die gegen die Interessen der Völker handelt. Die Staaten arbeiten insgeheim zusammen wie eine Mafia. Es gibt große Mafiosi und kleine Mafiosi, die sich den Kuchen teilen. Wir werden ständig von unseren Regierungen betrogen..."

39 Evelyn Hecht-Galinski, Peter Bathke und Mohssen Massarrat

40 Abu Ayyash, palästinensischer Arzt: "Die Darstellung, das palästinensische Problem bestehe nur in der Siedlungspolitik Israels, ist falsch. Nur darüber zu reden, ist ein Verbrechen. Wir vergessen, was die Tatsache ist. Es geht um einen souveränen Staat. Um Jerusalem. Um Wasser-Resourcen. Um das Recht der Flüchtlinge zurückzukehren. Darüber wird gar nicht gesprochen..."

41 Walter Herrmann (Kölner Klagemauer für Frieden und Völkerverständigung): "Wir versuchen mit der Klagemauer zu reflektieren, was in Palästina geschieht. Es gab deshalb im Kölner Stadt-Anzeiger und in anderen Medien eine unheimliche Hetze gegen uns. Man hat nichts unversucht gelassen, uns in die antisemitische Ecke zu drängen, uns damit mundtot zu machen..."

42 Elias Davidsson: "Wir müssen sagen: wir sind alle Muslime - so wie der dänische König gesagt hat: wir sind alle Juden... Wir müssen aufhören mit den Beschuldigungen gegen Muslime in Sachen 11. September, da überhaupt keine Muslime dabei mitgemacht haben... Dasselbe gilt für London, Madrid, Bali... Das waren alles geheimdienstliche Operationen. Das müssen wir sagen. wir müssen diese Verhetzer in die Defensive bringen..." (im Saal entsteht Unruhe)

43 Evelyn Hecht-Galinski und Walter Herrmann

44 Mohssen Massarrat im Gespräch mit Andreas Neumann: Mohssen Massarrat ist nach wie vor nicht bereit zu einem Gespräch über die iranischen Präsidentschaftswahlen von 2009. Er verbreitet nach wie vor seine nicht belegte Behauptung von der Fälschung der Wahlen und will oder kann einen stichhaltigen Beleg dafür nicht benennen.

45 Evelyn Hecht-Galinski und Walter Herrmann im Gespräch

46 Evelyn Hecht-Galinski und Walter Herrmann am Pförtnerhaus der Alten Feuerwache