Köln, 13.9.2001 - Mahnwache gegen Vergeltungsaktionen nach Terroranschlägen in New York und WashingtonHintergrund-Information

Gegen Rache und militärische Vergeltung

Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag, Kassel, vom 12.9.2001

Der Tag des schrecklichsten Attentats, das die Welt je erlebte, der 11. September, ist gleichzeitig der von den Vereinten Nationen eingeführte "Internationale Tag des Friedens". An diesem Tag sollte die UNO-Generalversammlung in New York eröffnet werden. Am Vorabend gab UN-Generalsekretär Kofi Annan aus diesem Anlass eine Erklärung ab, in der es u.a. hieß: "Am Internationalen Tag des Friedens versuchen wir uns eine Welt vorzustellen, die sich von der Welt, wie wir sie kennen, ziemlich unterscheidet. Wir stellen uns vor, dass die Kriegführenden ihre Waffen niederlegen und ihre Meinungsverschiedenheiten in Aussprachen beilegen. Wir stellen uns vor, dass alle Regierungen auf den Willen ihrer Bevölkerungen hören - und entsprechend handeln. Wir stellen uns vor, dass die eigentlichen Konfliktursachen - Armut, Marginalisierung und Gier - der Entwicklung und der Gerechtigkeit weichen."

Leider trifft nur der erste Satz aus der Erklärung Kofi Annans heute noch zu: Nach den entsetzlichen Anschlägen in New York und Washington, denen Tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind, unterscheidet sich die Welt fundamental von der, die wir bisher gekannt haben. So sehr wir die grausamen Terrorakte verurteilen, so sehr wir um die vielen unschuldigen Opfer trauern und mit ihren Angehörigen mitfühlen, so sehr wir uns sehnlich wünschen, dass die Verantwortlichen dieser Wahnsinnstaten zur Rechenschaft gezogen werden, so sehr warnen wir aber auch vor voreiligen Verurteilungen und vor unangemessenen Reaktionen.

Gegen Terrorismus und wahnsinnsgeleitete Aktionen blinder Gewalt gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen und eindämmen will, muss ihm den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des Hasses und der Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt und Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden für Terrorakte, deren Grausamkeit sich jeder menschlichen Vorstellungkraft entziehen.

Wann endlich wird begriffen, dass Sicherheit heute nicht mehr durch noch so "perfekte" militärische Sicherheitsvorkehrungen gewährleistet werden kann? Nichts offenbart dies deutlicher als die Schutzlosigkeit der Großmacht USA gegenüber den grauenhaften terroristischen Anschlägen.

Wann endlich begreifen die Politiker, die jetzt wieder nach mehr Rüstungsausgaben, Waffen und Militär verlangen, dass Sicherheit erst dann gegeben ist, wenn die Sicherheit des Anderen gewährleistet ist? Dass Sicherheit heute nicht mehr nur militärisch, sondern vor allem sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden muss? Dass Sicherheit letztlich eine Frage der Gerechtigkeit ist?

Die Friedensbewegung plädiert aus all diesen Gründen für besonnene Reaktionen der Politik. Dem Terrorismus durch zivile Maßnahmen und durch die Stärkung des Rechts und der Gerechtigkeit den Boden entziehen ist langfristig das bessere Mittel als der Gedanke an Rache und militärische Vergeltung.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)



Trauer ja
Gegenschlag nein

Aufruf zur Protestaktion

Wir alle trauern um die Opfer des Anschlags auf das World Trade Center und das Pentagon. Wahrscheinlich zigtausende Zivilisten sind unschuldig gestorben. Aber zu unserer Trauer kommt große Angst: Angst davor, dass die Regierung der Vereinigten Staaten - entsprechend ihrer Rhetorik - einen massiven Gegenschlag unternehmen wird, sobald man glaubt, den Schuldigen gefunden zu haben.

Und auch die deutsche Regierung will sich an einer Vergeltungsaktion im Rahmen der NATO beteiligen. Wir glauben nicht, dass dies der Lösung der Situation behilflich sein kann: Selbst wenn es gelingen sollte, einen Schuldigen auszuschalten, werden höchstwahrscheinlich auch Zivilisten Opfer dieser Vergeltungsaktion werden. Und so würde die Gewaltspirale wieder ein Stück weiter gedreht. Wir denken, dass wir nur dann sicher vor Terrorakten sein werden, wenn die enorme Ungleichheit weltweit abgebaut und staatliche Gewalt endgültig nicht mehr als Mittel zur Machterhaltung angesehen wird.

Solange von der sogenannten "abendländischen zivilisierten Weit" Kriege in aller Welt geführt werden (die im Pentagon durchgespielt werden, was erklärt, wieso es eines der Ziele war), solange täglich mehr als 30.000 Menschen verhungern, solange Menschen durch Währungsspekulationen in bitterste Armut geworfen werden (vielleicht deshalb das "Welt-Handels-Center" als zweites Ziel), solange gibt es auch bei uns in der "Zivilisation" keinen Frieden. Nicht nur Terrorakte sind Gewalt, auch die "Neue Weltordnung" bedeutet für viele Menschen Gewalt (Irak, Iran, Jugoslawien ...).

Wir trauern um die Opfer, aber weil wir nicht bald wieder um andere trauern wollen (seien es nun Serben, Kosovaren, Palästinenser, Israelis, Amerikaner oder Europäer), fordern wir von unserer Regierung, sich nicht an Vergeltungsschlägen zu beteiligen, der Regierung der USA die Sinnlosigkeit eines Racheaktes zu verdeutlichen und durch weltweite Politik für die Bevölkerung zu verhindern, dass sich die Wut über die Gewalt dieses Systems auch weiterhin in Terrorakten niederschlägt.

Nächste Protestaktion am Samstag, 15.09.2001 12:00 vor dem Dom!
Weitere Aktionen sind geplant!
Kontakt: akiru@gmx.de


An die Bundesregierung

Text der Unterschriftenliste, die am 13.11.2001 zum unterzeichnen auslag

Die Anschläge in den USA haben die Welt erschüttert. Wahrscheinlich zigtausende Unschuldige haben ihr Leben gelassen. Wir trauern um die Opfer und unser Beileid gilt den Angehörigen.

Doch bei aller Trauer und Wut, die wir empfinden, wissen wir eines ganz sicher: Eine Vergeltungsaktion, wie sie US-Präsident Bush fordert und an der die Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit einer NATO-Aktion teilnehmen soll, stellt keine Lösung dar, sondern wird wiederum Zivilisten das Leben kosten und die Eskalation der Gewalt vorantreiben.

Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sich an keinerlei Vergeltungsaktion zu beteiligen.


Links

Kölner Aktionsbündnis gegen Krieg und Rassismus
Friedenskooperative
Friedenspolitischer Ratschlag
www.antimilitarismus.de
Website zu Krieg und Frieden, Ökonomie und Politik
Informationsstelle Militarisierung IMI e.V.
Pax An - Arbeitskreis Frieden Köln
Kölner Friedensforum
Friedensbildungswerk Köln