Drohender Kriegsschauplatz Iran
Wer nicht mitspielt, ist Antisemit
Wie die 'taz' den Planungen der USA für einen Atomkrieg gegen den Iran begegnet, 22.4.2006 (ergänzt am 26.4.2006)


"Fair Play für einen Antisemiten?"

Titelseite der 'taz' vom 10.4.2006

Mit Antisemitismus-Vorwürfen einen Atomkrieg rechtfertigen

Exakt in dem Moment, in dem die (Atom-)Kriegsplanungen der USA gegen den Iran infolge einer Veröffentlichung von Seymour Hersh in der US-Zeitschrift 'The New Yorker' in einem bis dahin nicht erreichten Maße in der Öffentlichkeit dargelegt werden, kontert die 'taz' mit Antisemitismus-Vorwürfen gegen den iranischen Präsidenten. Genau an dem Tag, an dem z.B. in der 'jungen Welt' und im 'Kölner Stadt-Anzeiger' das Thema (Atom-)Kriegsplanungen der USA gegen den Iran auf die Titelseiten gesetzt ist, finden wir in der 'taz' eine Sammlung von Äußerungen, die sich mit dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und der Frage, wie dessen möglichem Erscheinen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland zu begegnen wäre. Genau an dem Tag, an dem die Gefährlichkeit der US-Planungen deutlicher werden als je zuvor, baut die 'taz' an dem Feindbild, das die Umsetzung dieser Kriegsplanungen ermöglichen soll.

Den Höhepunkt auf der taz-Titelseite bilden die Äußerungen von Micha Brumlik, Mitherausgeber der 'Blätter für deutsche und internationale Politik' und bis 2005 Direktor des sich als Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocaust verstehenden 'Fritz-Bauer-Instituts'. Er kommt - als Publizist und Professor für Erziehungswissenschaft bezeichnet - wie folgt zu Wort:

"Ahmadinedschad darf auf keinen Fall zur WM eingeladen werden. Er sollte offiziell als Persona non grata behandelt werden. Zudem sollte die Bundesanwaltschaft sehr sorgfältig prüfen, ob seine Äußerungen gegen den Pragraphen 130 des Strafgesetzbuchs, die Holocaust-Leugnung, und gegen das internationale Verbot der Vorbereitung eines Angriffskriegs und des Völkermords verstößt. Schäuble kommt der traurige Ruhm zu, als erster Vertreter einer deutschen Bundesregierung einen aktiven und offenen Holocaust-Leugner hoffähig gemacht zu haben."

Die Bedrohungssituation auf den Kopf gestellt

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte es gewagt, den iranischen Präsidenten zur Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland willkommen zu heißen. Darauf beziehen sich Micha Brumlik und die 'taz'. Es ist kaum zu fassen: in einem Blatt, das das Image hat, der Antiglobalisierungs- und der Friedensbewegung nahe zu stehen, stellt Brumlik die Bedrohungssituation auf den Kopf. Basierend auf den angeblichen Äußerungen des iranischen Präsidenten, der sich dem US-Imperialismus nicht beugen will und dem (deshalb) weltweit unterstellt wird, er leugne den Holocaust und beabsichtige Israel (mit Atomwaffen) zu vernichten (und damit einen Völkermord zu begehen), liefern sie Material zur Rechtfertigung eines weiteren Angriffs- und Eroberungskrieges der USA - nach den Kriegen gegen Afghanistan und den Irak jetzt gegen das dazwischen liegende Kernstück des Mittleren Ostens, den Iran.

Wir erkennen: Wer die Rolle Israels als Außenposten der USA im Nahen und Mittleren Osten benennt, der ist Antisemit. Wer in diesem Zusammenhang die Politik Israels gegenüber den Palästinensern verurteilt, der ist Antisemit. Wer nicht mitspielt im Interessengeflecht des 'Westens', der ist Antisemit. Das ist die weit verbreitete Logik. Dafür muß er kein einziges Wort gegen Juden ausgesprochen haben.

1983 gab es im Kontext der so genannten Nachrüstung (mit atomaren Mittelstreckenraketen) eine Sonderausgabe der 'Blätter für deutsche und internationale Politik' mit dem Titel: 'Sage niemand, er habe es nicht wissen können'. Solch eine Ausgabe wäre auch heute wieder angebracht. Die Planungen der USA und ihrer Verbündeten geben dazu mehr als genügend Anlaß. Ein von den USA im Verbund mit Israel und der 'Koalition der Willigen' geführter Atomkrieg gegen den Iran droht - mit deutscher Unterstützung - Realität zu werden.

Titelseite der 'jungen Welt' vom 10.4.2006

Titelseite des 'Kölner Stadt-Anzeiger' vom 10.4.2006

Der Irre von Washington

Mit der 'taz' in Konkurrenz tritt die Bild-Zeitung. Sie kommt dabei allerdings nur auf den zweiten Platz. Denn bei ihr schafft es das Thema nur auf Seite 2. Dafür formuliert sie plumper. Im Kommentar der Bild-Zeitung heißt es unter dem Titel 'Er ist kein Freund!': "Das Motto der Fußball-WM lautet: 'Die Welt zu Gast bei Freunden'. Alle freuen sich auf das friedliche Fest der Völker hier bei uns. Und jeder ist herzlich willkommen – bloß einer nicht: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad! Solange der 'Irre von Teheran' den Holocaust leugnet, an der Atombombe bastelt und den Terror unterstützt, soll er zu Hause bleiben."

Auch sie schafft es spielend - wie die 'taz' - die Bedrohungssituation umzukehren. Wie einfach wäre es zu schreiben: Solange der 'Irre von Washington' den Holocaust instrumentalisiert, seine Atombomben im Iran zum Einsatz bringen will und die Welt mit Terror überzieht, soll er zu Hause bleiben. Und es wäre noch dazu um einiges richtiger.

"Darf Schäuble den Irren von Teheran einladen?"

'Bild' vom 10.4.2006, Seite 2

Die Art und Weise, die Bedrohungssituation auf den Kopf zu stellen, übertrifft lediglich der frühere israelische Ministerpräsident und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres. Er versteigt sich zu folgendem Hitler-Vergleich: "Seit Hitler ist er [Ahmadinedschad] der erste, der sich hinstellt und sagt, das jüdische Volk müsse vernichtet werden [...] Hitler hat Vernichtungslager eingerichtet, er (Ahmadinedschad) will die Bombe für, wie er sagt, zivile Zwecke. Wir wissen genau, was er vorhat, und deshalb müssen wir seine Erklärungen ernst nehmen." (AFP, 25.4.2006) Das sagt der Politiker eines Landes, über das 'Bild' am 23.1.2006 offen schreibt: "Israelische Jagdbomber trainieren seit Monaten den gezielten Beschuß iranischer Atomanlagen. Ein Modell der Nuklearfabrik Natanz südlich von Teheran wurde dafür eigens in der israelischen Negev-Wüste nachgebaut."


Weiterer Beitrag zum drohenden Kriegsschauplatz Iran:
Der 'Satan' fordert "Regierung, gewählt von den Menschen... seien sie Muslime, Christen oder Juden"
Irans Präsident Ahmadinedschad am 14.4.2006 im Rahmen der 'Third International Qods Conference' zur Situation in Palästina, 22.4.2006

Alle Beiträge zum Iran im Überblick:
Tagebuch Iran
Notizen aus dem Kontext des drohenden Krieges gegen den Iran
Die 'Welt', ein 'genialer Netzwerker' und der Angriffskrieg gegen den Iran
Anmerkungen zu einem Artikel in der 'Welt', 12.2.2006
"Den Terroristen in den Regierungen unserer so genannten zivilisierten Welt das Handwerk legen"
Rede von Bernd Klagge am 8.2.2006 im Rahmen einer Mahnwache des Bonner Friedensbündnisses gegen Propaganda und Krieg und für Völkerfreundschaft auf dem Münsterplatz in Bonn
Was die Kriegspropagandisten von sich geben
Äußerungen von Angela Merkel, George W. Bush, John McCain, Joseph Lieberman, Donald Rumsfeld, Condoleezza Rice, John Bolton, Ehud Olmert (Stand: 29.4.2006)
US-Dollar oder 'Mini-Nukes' - Der Iran plant Öl-Börse auf Euro-Basis, was Milliardenverluste für die USA bedeuten kann
Betrachtung von Dietrich Zeitel auf der website der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V. Hamburg (swg), 25.02.2006
Stoppt den Krieg gegen Iran, bevor er beginnt! - Stop the war on Iran before it starts!
Internationaler Appell - Online-Petition
Keinen Krieg gegen den Iran - für eine politische Lösung!
Ein Aufruf der 'Kooperation für den Frieden' (Zusammenschluss verschiedener Friedensorganisationen) und des Bundesausschusses Friedensratschlag - veröffentlicht in der 'Frankfurter Rundschau' am 18.3.2006
Israel, Iran und die Atomwaffen
Knut Mellenthin in 'junge Welt' vom 19.10.2005
'Israel von der Landkarte löschen' - Der Krieg gegen den Iran hat längst begonnen
Über die angeblichen Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, 9.3.2006 (zuletzt erweitert am 9.4.2006)
Bomben auf den Iran? - Gedanken zum Iran-Krieg
Artikel von Prof. Georg Meggle, 18.1.2006
Kriegspropaganda für die Massen - Feindbild Iran
Veröffentlichungen aus 'Bild' und 'Bild am Sonntag' ab Dezember 2005
Leugnet Irans Präsident den Holocaust oder legt er die Finger in die Wunde des Westens?
Eine Analyse der Medienrhetorik auf dem Weg zum Krieg gegen den Iran, 3.4.2006 (erweitert am 9.4.2006)
Eine gelungene Infektion
Über die Funktion eines Horst Mahler in der kriegsvorbereitenden Propagandakampagne gegen den Iran, 14.4.2006
DOES IRAN'S PRESIDENT WANT ISRAEL WIPED OFF THE MAP AND DOES HE DENY THE HOLOCAUST?
An analysis of rhetoric in media on its way to war against Iran - Commenting on the alleged statements of Iran's President Ahmadinejad
Wer nicht mitspielt, ist Antisemit
Wie die 'taz' den Planungen der USA für einen Atomkrieg gegen den Iran begegnet, 22.4.2006
Der 'Satan' fordert "Regierung, gewählt von den Menschen... seien sie Muslime, Christen oder Juden"
Irans Präsident Ahmadinedschad am 14.4.2006 im Rahmen der 'Third International Qods Conference' zur Situation in Palästina, 22.4.2006
Iran: Dreck, Teufel, Pfeifen und Pfifferlinge
Was die 'westlichen' Medien aus Ahmadinedschads Äußerungen vom 28.4.2006 machen
USA: Dialog mit Iran nutzlos - oder: Was ein Feindbild zunichte machen könnte, muß vernichtet werden
Der Brief des iranischen Präsidenten, Mahmud Ahmadinedschad, an den Präsidenten der USA, George W. Bush, von Anfang Mai 2006 und die Reaktionen darauf
Genug ist genug! - 'Nur' Verbrechen gegen die Menschheit oder schleichender Völkermord?
Eine Dokumentation von Ellen Rohlfs zur Situation in Palästina, 2005/2006
Von Nazis nicht für einen Krieg gegen den Iran einspannen lassen!
Über die Rolle einer von Nazis angemeldeten Pro-Iran-Demo am 17.6.2006 in Frankfurt-Sachsenhausen
Wie wir dem Krieg den Weg bahnen
Eine Überlegung zur Strategie für einen Krieg gegen den Iran, 4.6.2006
Auf dem Weg zum Höhepunkt der Kriegspropaganda
Eine Betrachtung über den 'Spiegel' vom 29.5.2006 und das darin enthaltene Interview mit dem iranischen Präsidenten
War is Brewing - Krieg braut sich zusammen...
Das Kapital verlangt von der US-Regierung irgendeinen Angriff zur Stabilisierung des Kapitalismus - Betrachtung von Daniel Neun (0815-Info), 22.6.2006
Der Gerechtigkeit halber
Strafanzeige gegen Günther Beckstein, Innenminister Bayerns, und Michel Friedman, ehem. stellv. Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, wegen Beleidigung des Staatspräsidenten des Iran, mit einem Gespräch zwischen Armin Fiand und Alexander Boulerian
Der Gerechtigkeit halber (2)
Strafanzeige gegen die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, wegen Beleidigung des Staatspräsidenten des Iran
'Wipe off the Map' als Fälschung bestätigt
Wichtige Erkenntnisse des Guardian-Journalisten Jonathan Steele über das angebliche Zitat des iranischen Präsidenten, Israel müsse von der Landkarte getilgt werden
"Seien Sie herzlich gegrüßt!"
Brief von Irans Präsident Ahmadinedschad an Bundeskanzlerin Merkel vom 20.7.2006
"Noble Americans - Ehrenwerte Amerikaner"
Brief von Irans Präsident Ahmadinedschad vom 29.11.2006 (in der englischen Fassung)
Das Lügennetz über dem Iran
Analyse des österreichischen Autors Malte Olschewski über die manipulierte Berichterstattung über den Iran und seinen Präsidenten Ahmadinedschad
Verhindern Sie diesen Krieg!
Offener Brief an Bundeskanzlerin Frau Angela Merkel, 19.2.2007
Herr der Bombe
Wie wir vom Kölner Stadt-Anzeiger mit dem Gedanken eines Krieges gegen den Iran vertraut gemacht werden sollen - über eine Veröffentlichung vom 8.2.2007
Der nächste Krieg in Sicht - Wann fallen US-Bomben auf Teheran?
Michael Opperskalski in 'Geheim', Ausgabe vom 31.3.2007
Desinformation im 'Kölner Stadt-Anzeiger'
Äußerungen von Mohamed ElBaradei am 24.5.2007 in Sachen Iran